Yasmo und die Klangkantine

Sängerin Yasmo: “Künstler:innen werden daran gewöhnt, dass ihre Kunst nichts wert ist”

Die Wiener Musikerin spricht Klartext

5 Min.

© Anna Sophia Russmann/Kilian Immervoll

Mit der Wiener HipHop-Jazz-Bigband Klangkantine seit zehn Jahren auf der Bühne, bleibt Musikerin Yasmo unbequem, ehrlich und dabei so relevant wie nie.

Eigentlich ist Yasmo längst kein „frisches Gesicht“ mehr – seit einem Jahrzehnt steht sie mit ihrer Band, der Klangkantine, auf der Bühne. Und doch sorgt sie immer wieder für Gesprächsstoff, zuletzt mit einem simplen, aber lauten Statement: Für ihre Arena-Show am 12. Dezember suchte sie öffentlich einen Support Act – bezahlt, versteht sich. Was selbstverständlich sein sollte, sorgte prompt für Aufruhr. Denn in einer Branche, in der viele Nachwuchskünstler:innen oft gratis auftreten oder sogar draufzahlen, spricht kaum jemand über faire Bezahlung. Yasmo schon. „Diese ‚Mach’s gratis, ist ja Werbung für dich‘-Mentalität ist einfach falsch“, sagt die Klangkantine-Frontfrau.

Dieselbe Klarheit zieht sich auch durch ihr neues Album „Augen auf & durch“. Ein Werk, das keine Angst vor großen Themen hat: politisch, gesellschaftlich, persönlich. „Ich hab das Gefühl, es ist keine Zeit mehr fürs verträumte Poetisieren. Es ist Zeit, Dinge beim Namen zu nennen.“ Ein Gespräch über Haltung statt Anpassung, faire Gagen statt leere Versprechen und darüber, was sie der nächsten Künstler:innen-Generation mitgeben will.

Zehn Jahre Yasmo und die Klangkantine – was löst das in dir aus, wenn du jetzt zurückschaust?

Yasmo: Für mich fühlt sich das Ganze gerade sehr rund an, angekommen irgendwie. Alben sind ja immer so Zeitdokumente: Wenn ich mein erstes anhöre, weiß ich sofort wieder, wie sich damals alles angefühlt hat. Unser neues Album ist ein weiterer Meilenstein auf meinem Weg und ich würde sagen, ich bin heute deutlich mehr bei mir als noch vor zehn Jahren.

Was war euch beim Entstehungsprozess des Albums besonders wichtig?

Wir haben uns beim Schreiben vorgenommen, Spaß zu haben. Keine übertriebenen Konzepte, kein ständiges Zweifeln – einfach machen, was sich richtig anfühlt. Ich glaub, es ist genau dieses „Augen auf und durch“ was uns ausmacht – keine Angst davor, zu sagen, was man sagen will. Gegenwind? Immer her damit. Wir wissen, warum wir die Dinge sagen, die wir sagen.

Eure Texte waren immer politisch – aber diesmal wirkt’s noch direkter. Warum?

Man spürt den Rechtsruck weltweit. Plötzlich gelten Menschenrechte schon als „linksextrem“, und das ist doch absurd. Wir wollten dem etwas entgegensetzen – ein klares Statement formulieren. Ich hab das Gefühl, es ist keine Zeit mehr fürs verträumtes Poetisieren. Es ist Zeit, Dinge beim Namen zu nennen.

Siehst du dich als Künstlerin in der Verantwortung, solche Themen anzusprechen?

Ja, schon. Ich finde, es ist kein Muss – Kunst darf alles, muss aber nichts. Aber ich persönlich sehe das als Teil meiner Aufgabe. Ich stehe seit 20 Jahren auf Bühnen, und früh wurde ich schon als Rolemodel bezeichnet – was ich damals furchtbar fand. Mittlerweile hab ich diese Rolle ein bisschen angenommen. Ich will zeigen, dass man Haltung zeigen kann, dass Nachdenken nichts Gefährliches ist. Im Gegenteil – es ist wichtig.

Ihr habt öffentlich einen Support Act für eure Show im Dezember gesucht – und zwar einen, den ihr auch fair bezahlen wollt. Warum war euch das so wichtig?

Für uns ist klar: Wenn es einen Support gibt, muss der bezahlt werden – Punkt. Diese „Mach’s gratis, ist ja Werbung für dich“-Mentalität ist einfach falsch. Junge Künstler:innen werden so von Anfang an daran gewöhnt, dass ihre Kunst nichts wert ist. Wir selbst haben nie unbezahlt gespielt. Wir haben sogar Angebote von größeren Acts abgelehnt, weil wir gewusst hätten: Wir zahlen drauf. Fahrtkosten, Unterkunft, alles auf eigene Rechnung – das ist Ausbeutung. Deshalb zahlen wir lieber selbst drauf, als jemanden umsonst spielen zu lassen. Und klar, 800 Euro sind keine Riesengage, aber es ist zumindest ein Anfang.

Wo müsste man deiner Meinung nach ansetzen, um daran etwas zu ändern?

Veranstalter:innen tragen Verantwortung, klar. Aber auch größere Bands. Viele könnten sich das locker leisten – das weiß ich, weil ich unsere eigenen Zahlen kenne. Wir spielen nicht in Stadien, aber selbst bei uns geht’s sich aus, fair zu zahlen. Wenn große Acts, die Hallen füllen, sagen, sie könnten das nicht – das ist einfach Quatsch. Und ja, auch das Kulturbudget müsste besser verteilt werden. Man kann nicht ständig bei der Kultur sparen und gleichzeitig sagen, Österreich sei ein Kulturland.

Du arbeitest seit fast zehn Jahren mit derselben Band – was hält euch so lange zusammen?

Ich glaube, vor allem die Liebe zueinander. Wir mögen uns wirklich gern, schätzen uns und haben uns beim Erwachsenwerden begleiten können. Jeder verfolgt noch eigene Projekte, entwickelt sich weiter – aber als Band ist es einfach wie Familie. Klar, wir streiten auch mal, aber wir können Konflikte aushalten. Wir fangen an zu diskutieren, merken nach zehn Minuten: „Okay, genug.“ Dann reden wir konstruktiv weiter und planen gemeinsam.

Wie hat sich dein Blick auf Erfolg im Laufe der Zeit verändert?

Erfolg ist für mich, dass ich es immer noch machen kann und Menschen zuhören wollen. Früher dachte ich, man müsste sofort alles erreichen, quasi Bäume ausreißen – das ändert sich mit der Zeit. Es ist schade, wie viele junge Acts nach ein paar Monaten wieder verschwinden, einfach weil die Industrie mit ihren Träumen spielt. Für mich ist Erfolg, dass ich meine Musik leben kann und die Menschen bereit sind, zuzuhören.

Was wünschst du dir für Kolleg:innen und Nachwuchskünstler:innen?
Ich würde sagen: Hört auf euer Bauchgefühl, bleibt stur und glaubt an euch. Erfolg ist kein Moment, kein Award oder Chartplatz, sondern ein Prozess. Und ganz wichtig: Solidarität! Wir sollten uns gegenseitig unterstützen, weiterempfehlen und hochhalten, statt gegeneinander zu arbeiten. Gemeinsam sind wir stärker – das zeigt zum Beispiel die Poetry-Slam-Szene, wo weniger Profitdruck herrscht und mehr Zusammenhalt. Davon könnte sich die Musikbranche ruhig eine Scheibe abschneiden.

Yasmo und die Klangkantine am 12. Dezember live in Wien: Jetzt Tickets sichern!

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