Lebendige Kommunikation in Zeiten von KI

Johanna Franziska Kriks erzählt uns was lebendige Kommunikation ist

7 Min.

© Daniela Adelberger-Schörghuber

Was ist lebendige Kommunikation und wie können wir in Zeiten von KI die uns innewohnende Kreativität und natürliche Intelligenz stärken? Diese Fragen hat sich Coach und Kommunikationsexpertin Johanna Franziska Kriks aus Klein-Pöchlarn gestellt. Wir fragen nach …

Eines gleich vorweg: Für Johanna Franziska steht fest, die KI darf uns wie ein hilfreicher Assistent zur Seite stehen, wir sollten jedoch sehr achtsam sein, was wir an sie auslagern und wo in unserer Arbeit unsere menschlichen Stärken im Vordergrund bleiben sollten. Wie aber gehen wir mit der angesagten Revolution durch künstliche Intelligenz um? Und was hat das Äffchen Joy damit zu tun?

Lebendige Kommunikation gewinnt an Wert

Johanna, warum gewinnt lebendige Kommunikation in Zeiten von KI rasant an Wert?
Als Texterin und Filmemacherin weiß ich, wie viel Erfahrung, Arbeit und Hingabe in einem professionellen Artikel oder einem berührenden Kurzfilm steckt. Mit KI kann jeder Mensch in Sekunden oder Minuten beinahe auf Knopfdruck eine Unmenge an Texten, Bildern oder Videos generieren. Aber welchen Wert stiftet dieser KI-Junk-Content? Und ist Quantität in der Kommunikation wirklich sinnvoller als Qualität? Oder sehnen sich nicht schon viele Menschen nach mehr Verbundenheit, Menschlichkeit und Lebendigkeit?

Viele Fragen – aber Antworten?
Wir erleben mit KI eine gesellschaftliche Revolution ähnlich dem industriellen Zeitalter, als Fließbandarbeit die Massenproduktion eingeläutet hat und einzigartige Handarbeit schlagartig an Wert verlor. Heute wie damals hören und lesen wir, dass es um die Steigerung von Produktivität und Effizienz geht und unser Leben dank KI bequemer werden wird. Ich frage mich: Ist das wirklich so? Denn gefühlt erhöht sich bloß erneut der Taktschlag in unserem Leben sowie der Anspruch, in noch kürzerer Zeit noch mehr zu erledigen.

Was könnte KI zu einer gelingenden Kommunikation beitragen?
In meinem Fokus als Coach steht lebendige Kommunikation. Darunter verstehe ich eine Kommunikation, die Menschen nicht manipuliert, sondern berührt. Eine Kommunikation, die Menschen nicht trennt, sondern mit sich selbst und ihrem Umfeld verbindet. Lebendige Kommunikation arbeitet mit Empathie, Intuition, Kreativität und Körperweisheit, also der natürlichen Intelligenz von uns Menschen. Geleitet von unserer natürlichen Intelligenz können wir KI überall dort einsetzen, wo sie uns Menschen und der Erde wirklich dient. 

© Daniela Adelberger-Schörghuber

Verhältnis „NI“ und „KI“

In welchem Verhältnis stehen natürliche Intelligenz (NI) und künstliche Intelligenz (KI)?
Für mich gilt die Formel: „NI > KI = lebendige Kommunikation“. Als Coach unterstütze ich Menschen dabei, die eigene Intuition und Körperweisheit besser wahrzunehmen und spielerisch zum Ausdruck zu bringen. Schnell wird dabei klar, dass unsere Macht nicht mehr rein im Wissen zu finden ist, sondern in der Weisheit, die aus der Verbundenheit von Kopf, Bauch und Herz in die Welt fließt. Stellen wir jedoch KI über die natürliche Intelligenz des Menschen, definieren wir für uns selbst also „KI > NI“ und wollen sofort alles mit KI optimieren, bevor wir überhaupt hineingespürt haben, was eine liebevolle und menschenwürdige Ausrichtung für unser Thema wäre, dann zerstören wir jede Lebendigkeit im Kern. 

Sie sagen: „Wir sollten uns alle mehr zum Affen machen!“ und bringen ihr Maskottchen, ein Stoff­äffchen namens „Joy“, auch zum affenstarken 1:1-Coaching mit. Das ist eine starke Ansage in Zeiten, in denen künstliche Perfektion und ständige Optimierung uns als Idealbild serviert wird. Warum plädieren Sie dafür, sich zum Affen zu machen?
In einem Gespräch mit einem Manager fiel der Satz: „Niemand möchte sein Gesicht verlieren.“ Ich glaube nicht, dass das klappt, sein Gesicht zu verlieren. Alles, was wir verlieren können, sind die starren Masken, die wir tragen, um Erwartungen an uns selbst gerecht zu werden. Die können von außen kommen, aber auch von uns selbst, sobald wir einem Idealbild im Außen entsprechen wollen. Das ist wahnsinnig anstrengend. Und macht unendlich unkreativ. Alle Energie wird dann benötigt, um diese Masken aufzubehalten. Der einfachste Weg zur Kreativität ist Entspannung, und der führt im affenstarken Coaching über die lustvolle Bewegung des Körpers und das Spiel. Die einzelnen Phasen im Coaching bauen aufeinander auf und lauten: PLAY I CREATE I REST I REPEAT.

Warum brauchen wir mehr Spiel und Pausen, um kreativ zu werden?
Im Spiel haben wir als Kinder die ganze Welt erfunden. Wir waren neugierige Forscher und Entdecker und haben unseren Horizont spielerisch und voller Freude erweitert. Intuitiv war mir der Stellenwert des Spiels im kreativen Prozess sowie beim Coachen und Vermitteln von Inhalten immer klar. Aber erst, als ich von wissenschaftlichen Studien in der Neurowissenschaft und Psychologie gelesen habe, die meine Intuition bestärkt und bestätigt haben, habe ich das Spiel aktiv in meine Arbeit integriert. Das war die Geburtsstunde des affenstarken Coachings. 

Ebenso wichtig wie das Spiel ist für uns Erwachsene Entspannung. Unter Stress steht uns ein Großteil unseres Gehirnareals nicht zur Verfügung. Es ist beinahe unmöglich, unter großem Druck kreativ zu werden. Da wir im Alltag von unzähligen Stressoren, u. a. durch unsere Handynutzung, umgeben sind, kommen immer weniger Erwachsene in einen wirklich entspannten Zustand. Um wieder auf alle Gehirnareale zuzugreifen und kreativ zu werden, verwende ich deshalb spielerische Übungen, die Körper und Verstand signalisieren: Du bist sicher, du kannst dich entspannen.

© Daniela Adelberger-Schörghuber

KI im Schulsystem

Das klingt, als könnte Ihr Konzept auch unser Schulsystem bereichern. Da erleben wir beispielsweise durch den OpenAI-Chatbot, dass immer mehr Schüler und Studenten ihre Kreativität an die KI auslagern. Geht uns hier nicht etwas Essenzielles verloren?
Absolut. Man muss hier nochmals differenzieren, welcher Prozess des Schreibens ausgelagert wird. Ist es die Recherche, dann benötige ich dringend Wissen, dass es mir erlaubt, Fakten inhaltlich zu überprüfen.

Beim Konzept bietet KI oft gute Ideen und Anregungen. Lagere ich das Schreiben selbst aus, dann entgeht mir als junger Mensch eine sehr tiefgehende Erfahrung, nämlich die Entdeckung der Freude am kreativen schöpferischen Prozess. Indem ich mich mit einem Text in der Tiefe beschäftige und ihn mehrmals überarbeite, entsteht daraus etwas Einzigartiges und Kostbares. Das benötigt Zeit und Anstrengung, aber schult in Ausdauer, birgt Freude in sich und entfaltet kreatives Potenzial.

Der Journalistenausbilder Peter Linden sagt: „ChatGPT ist alles – nur nicht Stil. Es ist eine auf Algorithmen basierende Rekonstruktion dessen, was andere an Stil entwickelt haben. Aber wir sind ganz, ganz weit weg von dem, was Stil tatsächlich ausmacht und bedeutet. Der individuelle Schreibstil ist die einzige Waffe gegen die Entmachtung durch KI“. Wird dieser persönliche Stil verloren gehen?
Ich weiß es nicht. KI entwickelt sich in einem Affentempo weiter. Heute sehen wir bereits Videos, die wie originale Zeitdokumente wirken, obwohl sie gänzlich von einer KI generiert wurden und fiktive Geschichten erzählen. Ich halte jede Entwicklung für möglich. Sobald wir anfangen, die richtigen Fragen zu stellen, öffnen wir auch Türen für eine positive Entwicklung.

Zum Beispiel: Wie wollen wir uns als Menschheit weiterentwickeln? Wollen wir immer künstlicher werden, sodass der Mensch zu einer Kopie eines perfekten Roboters wird? Oder wollen wir in Zukunft Fokus auf die Entwicklung unserer Sinne legen und unsere Menschlichkeit kultivieren?

Sie bezeichnen sich als „Gestalterin der Zukunft“. Welche Werkzeuge brauchen wir für eine gut gestaltete Zukunft?
Empathie, Intuition, Körperweisheit und Kreativität sind die Schlüsselelemente, um unsere Zukunft schöpferisch mitzugestalten. Wenn wir darauf achten, dass wir den Zugang zu diesen genialen Werkzeugen bei uns selbst freilegen und unsere Kinder in der Anwendung ihrer natürlichen Intelligenz stärken, steht einer lebens- und liebenswerten gemeinsamen Zukunft mit KI nichts mehr im Weg.

About

Johanna Franziska Kriks bringt 20 Jahre Erfahrung aus der strategischen Kommunikation, dem Texten und Storytelling mit. Seit 15 Jahren ist sie als Coach und Videoproduzentin für Unternehmer und Unternehmerinnen im DACH-Raum aktiv und gibt ihr Wissen aus Regie, Storytelling und Film auch als Videocoach weiter. Ebenso lange beschäftigt sich die Wahlniederösterreicherin mit Körper- und Mentalarbeit, Meditation und Achtsamkeit. Infos unter www.johannafranziska.com

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