Brustkrebs: Nackter Oberkörper einer Schaufensterpuppe

Brustkrebs heute: Neue Wege in Vorsorge, Diagnose und Behandlung

Univ.-Prof.Priv.-Doz.Dr. Florentia Peintinger über aktuelle Zahlen in der Steiermark, moderne Methoden der Früherkennung und warum Aufklärung lebensrettend ist.

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© Unsplash/David Underland

Uns wird ein top Brustkrebs-Früherkennungs­­­programm geboten – aber nur wenige der zur Mammografie eingeladenen Frauen nehmen sie wahr. Dabei gilt: Je früher Brustkrebs erkannt wird, desto besser sind die Heilungschancen, weiß Florentia Peintinger, Präsidentin der Krebshilfe Steiermark.

Brustkrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Welche Zahlen an Brustkrebserkrankungen in der Steiermark sind aktuell bekannt?
Florentia Peintinger: Die Statistik 2025 zeigt, dass in Österreich jährlich knapp 7.000 Frauen neu an Brustkrebs erkranken. In der Steiermark sind es rund 1.000 Neuerkrankungen, wobei etwa ein Viertel dieser Fälle bereits in einem fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert wird. Nur rund die Hälfte dieser Diagnosen erfolgt im Frühstadium – hier gibt es also noch deutliches Verbesserungspotenzial. Etwa ein Prozent aller Brustkrebsfälle betrifft Männer.

Welche neuen Methoden zur Früherkennung von Brustkrebs sind im Jahr 2025 besonders vielver­sprechend?
Der Standard in der Früherkennung von Brustkrebs ist die Mammografie. In Österreich wird diese – im Unterschied zu den meisten anderen europäischen Ländern – in der Regel durch einen Brustultraschall ergänzt. In besonderen Situationen, etwa bei einer dichten Brust, kann zusätzlich eine 3D-Mammografie eingesetzt werden. Darüber hinaus steht als ergänzendes Verfahren die MR-Mammografie zur Verfügung, eine Schichtuntersuchung der Brust mit Kontrastmittel. Wichtig ist, dass die Entscheidung über eine weiterführende Bildgebung individuell durch Brustspezialisten getroffen wird. Dabei spielen Faktoren wie Alter, familiäre Belastung und weitere Risikokonstellationen eine entscheidende Rolle.

In Österreich ist die Teilnahme an Vorsorgeuntersuchungen, insbesondere beim Brustkrebs-Screening, im Vergleich zu anderen Ländern rückläufig. Wo sehen Sie die größten Hemmschwellen für Frauen?
Die empfohlene Teilnahmerate von 70 Prozent am österreichischen Brustkrebs-Früherkennungsprogramm wurde bisher nicht erreicht. Erst ab diesem Wert wäre ein deutlicher Rückgang von Brustkrebs in allen Stadien zu erwarten. Derzeit liegt die Teilnahmequote in Österreich bei unter 50 Prozent. Nach meiner persönlichen Erfahrung spielen vor allem Ängste vor Strahlenbelastung und Befürchtungen hinsichtlich Schmerzen während der Mammografie eine Rolle für die geringe Teilnahme. Diese Sorgen sind jedoch nicht berechtigt, wenn man sie den klaren Vorteilen gegenüberstellt: Die Untersuchung wird nur alle zwei Jahre empfohlen, bietet eine verlässliche Bildgebung an und kann Leben retten.

Wie hat sich der Umgang mit der Diagnose Brustkrebs in den letzten Jahren verändert und welche Unterstützung bietet die österreichische Krebshilfe Betroffenen?
Brustkrebs betrifft uns alle. Die Häufigkeit dieser Erkrankung führt dazu, dass viele Unsicherheiten entstehen: über die Entstehung, die Vererbung, die Möglichkeiten der Früherkennung, die Behandlung und das Leben mit Brustkrebs. Mit unseren Pink-Ribbon-Aktivitäten wollen wir nicht nur informieren, sondern auch Mut machen. Gerade deshalb ist es uns als Krebshilfe Steiermark ein besonderes Anliegen, Betroffenen und ihren Familien zur Seite zu stehen. Unser engagiertes Team aus Psychoonkologie, Psychotherapie, Ernährungsberatung, Sozialdienst, Pflege sowie medizinischen Fachexpert:innen aus allen Disziplinen bietet kostenlose Unterstützung – menschlich, fachlich und mit ganz viel Verständnis. Denn gemeinsam schaffen wir mehr: Wissen schenkt Sicherheit, und Zuwendung schenkt Kraft.

Portrait von Florentia Peintinger
Univ.-Prof. Priv.-Doz. Dr. Florentia Peintinger ist Ärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe an der Universitäts­klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Zudem leitet sie das Universitäre Brustkrebszentrum in Graz und zeichnet als Präsidentin der Krebshilfe Steiermark verantwortlich. © beigestellt

Welche innovativen Behandlungsmöglichkeiten stehen aktuell zur Verfügung und wie unterscheiden sie sich von traditionellen Ansätzen?
Es ist sehr ermutigend zu sehen, dass die Eingriffe im Frühstadium von Brustkrebs immer schonender werden. Weniger Nebenwirkungen bedeuten mehr Lebensqualität für die Betroffenen. Dank neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse kann bei bestimmten Tumoreigenschaften heute sogar auf die Operation der Lymphknoten in der Achselhöhle verzichtet werden – ohne Nachteile für die Patientinnen. Auch die medikamentöse Behandlung hat große Fortschritte gemacht: Statt ausschließlich auf traditionelle Chemotherapien zurückzugreifen, kommen inzwischen hochwirksame, moderne Medikamente – einschließlich der Immuntherapie – gezielt dort zum Einsatz, wo präzise Gentests des Tumorgewebes einen klaren Nutzen zeigen. Das wohl schönste Zeichen für diesen medizinischen Fortschritt ist die Tatsache, dass die Sterblichkeit an Brustkrebs kontinuierlich zurückgeht. Jeder Schritt nach vorn bedeutet mehr Hoffnung, mehr Heilungschancen und mehr Lebensqualität.

Welche Rolle spielt die psychologische Betreuung während und nach der Brustkrebsbehandlung?
Psychologische bzw. psychoonkologische Betreuung unterstützt Betroffene und ihre Angehörigen im Umgang mit der Erkrankung und deren Folgen. Sie hilft, psychische Belastungsreaktionen wie Ängste und Stress zu reduzieren und die Lebensqualität zu verbessern. In Österreich gibt es kostenlose psychoonkologische Unterstützung durch die Österreichische Krebshilfe sowie in den Brustzentren, wo Patientinnen behandelt werden.

Welche aktuellen Forschungsprojekte im Bereich Brustkrebs sind besonders vielversprechend und wie können sie die Behandlung in Zukunft beeinflussen?
Die Forschung geht konsequent den Weg hin zu zielgerichteten Therapien. Mithilfe modernster Blut- und Gewebeanalysen lässt sich heute der individuelle „Barcode“ eines Tumors entschlüsseln – und damit können maßgeschneiderte Behandlungsstrategien entwickelt werden. Das Institut für Humangenetik in Graz spielt hierbei eine Schlüsselrolle: Durch präzise Genanalysen können Frauen identifiziert werden, die ein erhöhtes erbliches Risiko für Brustkrebs tragen. So wird es möglich, vorbeugende Maßnahmen rechtzeitig einzuleiten und Erkrankungen bestenfalls zu verhindern, bevor sie entstehen.

Welche präventiven Maßnahmen können Frauen ergreifen, um ihr Risiko für Brustkrebs zu senken?
Das Brustkrebsrisiko wird in erster Linie durch genetische Faktoren, Hormone und den Lebensstil beeinflusst. Ein häufiges Auftreten von Krebserkrankungen in der Familie kann ein Hinweis auf ein erhöhtes Risiko sein. Auch der hormonelle Einfluss spielt eine Rolle: Werden Hormone zugeführt, sollten sie so kurz wie möglich und nur in notwendiger Dosierung eingesetzt werden. Einen großen Einfluss haben wir jedoch auch selbst: Eine ausgewogene Ernährung, weniger Fett, weniger Alkohol und die Kombination mit regelmäßiger Bewegung sind der beste Gesundheitsbooster.

Welche technologischen Fortschritte haben die Brustkrebsdiagnose und -behandlung revolutioniert und was erwartet uns in der nahen Zukunft?
Begriffe wie Gentestung, genomische Tests und Liquid Biopsy sind längst Teil unserer täglichen Routine geworden. Sie ermöglichen eine immer präzisere Diagnose und gezielte Therapieentscheidungen. Doch die künstliche Intelligenz wird künftig auch eine große Rolle spielen – sei es bei der Analyse von Gewebeproben, in der operativen Technik oder in der Bildgebung.

Was sind die größten Herausforderungen und Chancen im Kampf gegen Brustkrebs in den kommenden Jahren?
Brustkrebs wird in den kommenden Jahren weiter an Inzidenz zunehmen und sich zunehmend zu einer chronischen Erkrankung entwickeln. Das betrifft auch junge Frauen. Eine der größten Herausforderungen der Zukunft liegt darin, die Früherkennung individueller zu gestalten, um dadurch die Teilnahme an Screening-­Programmen deutlich zu steigern. Meine Vision für die Zukunft ist es, die künstliche Intelligenz fest in die frühe Diagnostik einzubinden, um die Heilungschancen weiter zu steigern.

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Die Autorin dieses Beitrags:

Redakteurin Yvonne Hölzl
© Marija Kanizaj 

Yvonne Hölzl, Redakteurin der STEIRERIN, ist verantwortlich für die Rubrik Style und Wohnen. Neben ihrer Kreativität beim Schreiben zeigt sie auch handwerkliches Geschick, wenn sie handgemachte Strickwerke zaubert. In ihrer Freizeit ist die Naturliebhaberin mit ihrem Windhund Toto oft im Wald anzutreffen.

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