Schwarze Schale, weicher kern

Er sticht furchteinflößende Kreaturen und ist auch selbst von Kopf bis Fuß schwarz tätowiert. Im Gespräch entpuppt sich Nicola Gratzer jedoch als Künstler, dem das Wohlbefinden seiner Klient:innen das Wichtigste ist.

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Wenn Nicola Asura nicht gerade zeichnet oder tätowiert, verbringt er gerne Zeit mit Hund Aslan. © privat

Nicola Gratzer, besser bekannt unter seinem Künstlernamen Nicola Asura, ging nach Berlin, um Tätowierer zu werden. Jetzt ist er wieder in die steirische Landeshauptstadt zurückgekehrt und besetzt mit seinen dunklen Tattoos eine Nische. Danach gefragt, wie der Grazer seinen Stil bezeichnen würde, sagt Nicola: „Dark Fantasy oder Horror, auch ein bisschen surreal. Aber auf jeden Fall melancholisch, dunkel und illustrativ.“ Eins ist sicher: Seine Motive fallen auf und sind über die Landesgrenzen hi­naus gefragt. In Graz ist Nicola aktuell bei Lightbearer Tattoo stationiert, allerdings ist er auch viel als Gasttätowierer unterwegs. Dabei gefällt ihm der kreative Austausch mit anderen Künstler:innen. Der Künstlername „Asura“ ist eigentlich aus einem sehr simplen Grund entstanden: „Ich dachte mir, ‚Gratzer‘ ist für Nicht-Deutschsprachige schon eher schwierig auszusprechen. Da ich viel über Instagram mache, auch international, wollte ich einen Namen wählen, bei dem das einfacher ist. Und nachdem Nicola eher weich klingt, wollte ich da etwas dazu Passendes. ‚Asura‘ stammt aus dem Videospiel „Asura’s Wrath“.

Schwerer Einstieg

Doch aller Anfang war schwer. Vor sieben Jahren, am Beginn seiner Tätowierer-Karriere, ging Nicola nach Berlin, dort war es aber schwierig, einen Fuß in die Tür zu bekommen. Eine klassische Lehrausbildung gibt es für Tätowierer:innen nicht. „Ich habe in Berlin Illustration studiert, aber nicht fertig gemacht. Dafür habe ich ein Praktikum in einem Tattoo-Studio gemacht, aber es dauert natürlich, bis man so weit ist, dass man einen fixen Platz in einem Studio bekommt und Kund:innen zu dir kommen.“ Schluss­endlich hat es aber doch geklappt.

Back to the roots

Corona führte den Grazer wieder zurück in seine Heimat. „Im ersten Lockdown habe ich gemerkt, dass ich mich nicht mehr richtig regenerieren kann. Dann bin ich sozusagen zurück ins Grüne gezogen. Ich hatte in Berlin erreicht, was ich mir vorgenommen hatte: Ich wollte in den Beruf reinkommen, weil die Stadt viel Kunst bietet und kreatives Chaos. Man kann sich mit anderen Künstler:innen auseinandersetzen, ihnen zuschauen, lernen und schauen, was die machen.“ Und die Nachfrage in Graz ist sogar viel höher als erwartet. Allerdings gilt auch bei kreativen Berufen: Von nichts kommt nichts. „Ich arbeite eigentlich die ganze Zeit, entweder ich bin im Studio und tätowiere oder ich bin zu Hause und zeichne.“

Die Arbeit ist ein Prozess

Bei Tattoo-Anfragen gibt es verschiedene Varianten. „Manche kommen schon mit einer speziellen Kreatur als Wunsch, die sie von mir online oder an anderen gesehen haben. Manche sind auch eher unkonkret und wollen etwas in diese oder jene Richtung aus meinem Repertoire oder aus einem speziellen Fantasy­universum. Es gibt ja so viel, von Büchern über Spiele bis zu Filmreihen.“ Essenziell ist für Nicola ein 30-minütiges persönliches Vorab-Gespräch, um die genauen Wünsche herauszufinden. „Ich möchte den Leuten auch das Gefühl geben, dass sie sagen dürfen, wenn ihnen am Tag des Tätowierens etwas nicht gefällt. Sie sollen sich wohlfühlen, genauso wie ich mich wohlfühlen will, wenn ich mich tätowieren lasse. Denn das verbindet einen auch immer mit der Person, die tätowiert. Und auch, wenn das Tattoo perfekt ist, verbindet man damit immer etwas Negatives, wenn man sich dabei nicht wohlgefühlt hat.“ Technisch schwört Nicola – nach dem Designprozess auf Papier mit Bleistift – auf Freihandzeichnen mit Filzstiften, er arbeitet sehr wenig mit Blaupausen. „Papier ist immer flach, aber es gibt fast keine Körperstelle, die wirklich flach ist. Daher entsteht das Tattoo dann im Tun am Körper, wo ich besser mit Kontrasten arbeiten kann.“

Seit der Kindheit

Gezeichnet hat Nicola immer schon. „Aber das, was ich früher gemacht habe, waren sicher keine Kunstwerke (lacht), da hab ich mehr gedoodelt, mein Bruder auch. Meine Eltern waren bzw. sind beide Architekten, meine Großeltern auch, das war normal bei uns zu Hause.“ Wie er sagt „richtig“ zu zeichnen begonnen hat Nicola erst vor etwa sechs Jahren. Da wurde dann auch mehrere Stunden pro Tag geübt, sodass mittlerweile ein breites Portfolio vorhanden ist. Auch seine Mutter hat Nicola schon tätowiert, bei der Großmutter und dem Vater arbeitet er noch an der Überredung, wie er schmunzelnd erzählt. Seine eigenen Tattoos bzw. Cover-ups lässt Nicola mittlerweile hauptsächlich von Gerhard Wiesbeck in Berlin machen.

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