Ich möchte etwas bewirken

Die Kapitänin des österreichischen Frauenfußball­nationalteams Viktoria Schnaderbeck beendete 2022 ihre großartige Karriere. Jetzt betreut und managt sie mit ihrer neuen Agentur „PRO-SPECTIVE Sports Marketing Agency“ Spitzensportler:innen.

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Für ihre Entscheidung, Abschied vom Fußball zu nehmen, war Viktoria Schnaderbeck eines immer wichtig: Den Zeitpunkt selbst zu bestimmen. „Gleichzeitig wusste ich, dass das aufgrund meiner Verletzungshistorie wahrscheinlich die größte Unsicherheit ist“, erzählt sie. Die FC-Arsenal-Spielerin kämpfte sich nach vielen Operationen immer wieder zurück, aber nach ihrer letzten Verletzung wurde es körperlich und auch mental schwierig für sie. „Auch, weil ich sehr hohe Ansprüche an mich selbst stelle. Aber ich hatte noch das Ziel, die EM 2022 in England zu spielen. Gleichzeitig hatte ich in England das Gefühl, dass sich hier der Kreis für mich schließt. So war es für mich das größte Geschenk, meine Karriere auf der höchsten Bühne beenden zu können.“

Sehr offen erzählt sie, dass der Pressetermin zur Verkündigung des Karriereendes schon hart für sie war. „Aber dieser Moment durfte auch emotional sein und wehtun.“ Ein halbes Jahr später und mit bewusster körperlicher Zurückhaltung sind ihre Schmerzen im Alltag Vergangenheit. „Nach der EM hatte ich Ruhe- und Alltagsschmerzen, was mich wirklich sehr belastet hat. Ich wusste ja nicht, ob das der Preis für meine Karriere war.“ Aber die Zeit heilte sehr viele Wunden, auch ihre psychischen, denn der Druck und die Angst vor einer neuen Verletzung ist enorm. „Danach ist viel Last von mir abgefallen, was meinem Heilungsprozess zugutekam, mir aber auch eine Leichtigkeit zurückgab, die ich durch die totale Fokussierung auf den Sport etwas verloren hatte. Und diese Leichtigkeit merken jetzt die Menschen in meinem Umfeld“, schmunzelt sie.


Nach wie vor liebt sie aber das Auspowern. „Ich brauche das und dass es jetzt ohne Druck passieren kann, genieße ich sehr. Außerdem muss ich meinem Knie zuliebe eh dranbleiben, sonst spüre ich es gleich“, ergänzt sie noch mit einem Schmunzeln.

Zurück nach Österreich zu kommen, war für sie immer klar. „Ich merkte einfach, was ich familiär in den letzten Jahren alles verpasst habe, Momente, die man nicht nachholen kann.“ Ob sie in ihrer Heimat Steiermark bleiben oder aus beruflichen Gründen nach Wien ziehen wird, ist noch offen. Von 10 Millionen Einwohnern in London jetzt auf den Bauernhof ihrer Eltern im 500-Einwohner-Dorf war schon ein extremer Kontrast, lacht Viktoria Schnaderbeck. „Aber es passt sehr gut.“ Auch für ihre Verlobte Anna, die für sie erst von Norwegen nach London und jetzt nach Österreich zog. Die ehemalige Lehrerin betreut über eine Londoner Social-Media-Agentur Influencerinnen. Einzig der „stoasteirische“ Dialekt ist eine Umstellung.

Für Viktoria Schnaderbeck war ihr Outing sehr wichtig, „weil ich jetzt sagen kann, das ist meine Freundin, und sie in der Öffentlichkeit in den Arm nehmen kann. Ich glaube, in einer natürlichen Art und Weise ohne große Ankündigungen Tabus und Barrieren zu brechen, ist das Beste. Einfach zu tun und zu sein. Das kann ich von mir behaupten und ich bin froh, dass es mir gelingt.“

Viktoria Schnaderbeck wurde 1991 in Graz geboren. Als Kapitänin der österreichischen Frauennationalmannschaft und Spielerin für unter anderem Arsenal London und FC Bayern München wurde sie Meisterin in Deutschland und England und Halbfinalistin in der Europameisterschaft. Neben ihrer Fußballkarriere ist Viktoria Schnaderbeck schon länger als Keynote Speaker und Consultant tätig. © beigestellt

Standbeine schaffen

Die erfolgreiche Fußballerin, die nebenher schon immer als Keynote ­Speaker arbeitete, rät all ihren Sportkolleg:innen, sich ein zweites Standbein zu schaffen. „Die Karriere kann schneller vorbei sein als geplant. Das kann ich im Nachhinein noch mehr unterstreichen, weil ich diesen Prozess schon hinter mir habe.“ Dabei hatte sie großen Respekt vor ihrem Karriereende, „aber weil ich mich nie nur über den Sport definiert, als Keynote Speaker gearbeitet und mir ein soziales Umfeld außerhalb des Fußballs aufgebaut habe, ist mir das sehr gut gelungen. Ich wusste, wenn der Tag X kommt, kann ich direkt weitermachen. Und das hat mir persönlich und finanziell totale Freiheit und Flexibilität gegeben.“

Mit ihrer neu gegründeten Agentur „PRO-SPECTIVE Sports Marketing Agency“ will Viktoria Schnaderbeck genau diese Themen abdecken: „Die Vermarktung von Einzelsportler:innen, sportart­übergreifend Frauen und Männer, eine duale Karrierebegleitung und ihre Positionierung außerhalb des Sports. Ich weiß, dass in diesen Bereichen noch viel Bedarf ist und ich sehr viel einbringen kann, damit Athlet:innen am Tag X in kein Loch fallen.“ Mit ihrer Agentur kümmert sie sich auch um potenzielle Partner und Sponsoren, die ihre Athlet:innen für Partnerschaften, Kooperationen, Talks oder Events buchen möchten. „Ich möchte die Schnittstelle zwischen den Zielgruppen sein, natürlich mit Fokus auf Athlet:innen, um diese auch wirklich holistisch zu begleiten. Es ist mir sehr wichtig, nicht nur den Sportler, sondern vor allem den Menschen und seine Geschichte zu sehen. Das ist das, was mir Freude bereitet und mich antreibt.“

Tatsächlich hat sie schon sechs sehr spannende Sportler:innen im Portfolio: die zwei National­spielerinnen Manuela Zinsberger und Laura Wienroither, Bayern-München-Kapitänin Lina Magull, Österreichs beste Eisschnellläuferin Vanessa Herzog, den Rollstuhltennisspieler und zweifachen Paralympics-Teilnehmer Nico Langmann und noch einen Fußball-Influencer.

„Einerseits selbst als Keynote Speaker und Testimonial zu arbeiten und andererseits so tolle Menschen mit meiner Agentur betreuen zu dürfen, macht mich sehr glücklich.“

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