© Shutterstock
Bienenschutz wird in der Steiermark großgeschrieben. Von einem weltweit erstmals zugelassenen Bienenimpfstoff bis zum Bienenforschungspark haben wir uns angeschaut, was rund um die fleißigen Tierchen so alles geschieht.
Die Biologin Dalial Freitak reist gerne, kocht zu Hause nach ihren über 150 Rezeptbüchern, verfügt über mehr als 15 Jahre Erfahrung in der Forschung mit besonderem Schwerpunkt auf Insektenimmunologie und -physiologie, ist Assoziierte Professorin am Institut für Biologie der Karl-Franzens-Universität Graz und entwickelte den weltweit ersten Bienenimpfstoff, der die Bienenkönigin und in der Folge ihr gesamtes Bienenvolk vor der Amerikanischen Faulbrut schützt – eine Forschungsleistung, die weltweit publiziert wurde.
„Die Impfung erfolgt über die Ernährung, es ist eine Schluckimpfung in Form einer Zuckerpaste, auf die der Impfstoff gegeben wird. Wenn die Königin diese isst beziehungsweise von den Arbeitsbienen gefüttert wird, bekommt sie so auch die gut wirkende Impfung, die sie dann an den Nachwuchs weitergibt“, erklärt Dalial Freitak. „Ein Bienenstock hat zwischen 10.000 und 30.000 Arbeiterinnen, wir impfen aber die Königinnen mithilfe der acht bis zehn Arbeiterinnen, die sie direkt umgeben. Wenn eine geimpfte Königin in einen Bienenstock eingesetzt wird, ist der von ihr produzierte Nachwuchs nachgewiesenermaßen resistenter gegen Krankheiten.
Bei den Bienen werden zwei Typen unterschieden: Zu Typ A, den sich fortpflanzenden sogenannten Sexuals, gehören die Königin und die männlichen Drohnen. Typ B sind alle Arbeiterinnen. Diese haben je nach Alter verschiedene Funktionen und irgendwann kommen sie von einem Flug nicht mehr zurück und sterben.“
Mehr Bewusstsein nötig
„Ich arbeite auch sehr intensiv mit Ameisen“, erzählt Dalial Freitak. „Bei ihnen untersuchen wir Selbstheilungsmechanismen, etwa welche Pflanzen sie brauchen, um gesund zu bleiben. Für unser großes Bienen- und auch Insektensterben gibt es drei Gründe: Pestizide, Ernährung und Krankheiten. Wie bei uns Menschen führen die vielen Monokulturen zu einseitiger Ernährung. Man stirbt zwar nicht vor Hunger, wird aber oft krank“, kommt es energisch von der Forscherin.
Das Ziel von Dalial Freitak ist es, zu verstehen, „diese Stressoren, die für die Fitness der Insekten wichtig sind, und diese drei ‚Sterbegründe‘ zusammenzubringen und Wege zu finden, wie man die Gesundheit von Insekten unterstützen kann. Wir alle brauchen die Honigbiene, aber genauso andere Insekten wie die Ameisen. Ich würde mir einfach wünschen, dass die Menschen mehr Achtung vor Insekten haben und sich ihrer Wichtigkeit für uns alle bewusst werden.“
Beefluencer werden
Jeder kann seinen Beitrag zum Überleben von Bienen und Insekten leisten: bienenfreundliche Pflanzen und Kräuter in Gärten und auf Balkonen, Erhaltung von Blumenwiesen …
Bienen sind unglaublich wichtig für das Ökosystem und unsere Ernährung, aber massiv durch Krankheiten und Umweltfaktoren bedroht. Deshalb wird von der Universität Graz in Zusammenarbeit mit der Stadt Graz ein Bienenforschungspark errichtet werden.
Das Fundraising-Projekt Bienenforschungspark, dessen Inbetriebnahme für 2024 geplant ist, wird von Verena Langer und Rosa Riegler betreut. Die Idee dazu entstand aus mehreren Gründen, die Langer mit den drei „b“ zusammenfassen möchte. „Die Honigbiene ist sehr bedeutend, aber auch sehr bedroht, und sie wird an der Universität Graz intensiv beforscht.“ Stolz ergänzt Riegler: „Der Bereich Bienenforschung an der Universität Graz zählt international zu den Top-Playern des Fachs und ist europaweit eines der führenden Kompetenzzentren, das bisher außer in Forscher:innenkreisen nicht sehr bekannt ist. Mit dem Fundraising-Projekt Bienenforschungspark möchten wir die breite Öffentlichkeit auf die Wichtigkeit der Bienen für uns alle, aber auch auf ihre Bedrohung aufmerksam machen.“
Eine Million Honigbienen
Mit dem Bienenforschungspark wird ein Zuhause für mehr als eine Million Honigbienen geschaffen, die den Wissenschaftler:innen bei der Erforschung von Risikofaktoren und der Entwicklung von Bienenmedikamenten zur Verfügung stehen. Gegründet wurde die Honigbienenforschung an der Universität Graz in den 1940er-Jahren von Nobelpreisträger Karl von Frisch. „Ihm gelang die Entschlüsselung des Bienen-Tanzes“, erklärt Langer schmunzelnd. „Das ist die Kommunikationsart der Bienen untereinander. Wenn die Sammelbienen in den Bienenstock zurückkommen, teilen sie ihren Bienenkolleginnen damit die Entfernung und Richtung der Nahrungsquelle mit: Der Rundtanz bedeutet, dass eine Futterquelle unter 100 Meter entfernt ist, mit dem Schwänzeltanz, bei dem sie eine Acht tanzen, liegt die Futterquelle mehr als 100 Meter entfernt.“
Mittlerweile arbeitet bereits die siebte Forscher:innengeneration an der Uni Graz in den verschiedensten Bereichen: Robert Brodschneider forscht an den Grundfragen zum Bienensterben und führt seit 2008 die erste und einzige Erhebung zu den Winterverlusten von Bienenvölkern in Österreich durch. Dalial Freitak beschäftigt sich mit dem Immunsystem der Biene und der Steigerung der Resistenz gegen Krankheiten. Und Thomas Schmickl erforscht mit seinem Team den Einsatz modernster Technik in Bienenpopulationen.
Fleißig
In einem Bienenstock leben bis zu 50.000 Bienen, wobei die Sommerbiene 30 bis 35 Tage lebt und die Winterbiene bis zu sechs Monate. Ebenfalls interessant ist, dass die Königin in Ausnahmefällen bis zu fünf Jahre alt werden und bis zu 2.400 Eier pro Tag legen kann. „Die Bienenkönigin fliegt nur ein einziges Mal zur Paarung aus. Dabei paart sie sich im Flug mit einer großen Anzahl von Drohnen aus anderen Völkern“, erklärt Riegler. Die Arbeitsbiene wiederum durchlebt einen bestimmten Kreislauf, weiß Langer. „Nach ihrer Geburt reinigt sie ihre eigene Wabe, dann übernimmt sie die Pflege der Brut, baut Waben und ist auch für das Bewachen des Stockes gegen Eindringlinge wie etwa Wespen zuständig.“ Die Biene im Stock übernimmt von der Sammelbiene den Nektar, verarbeitet ihn zu Honig und füllt ihn in die Wabe ein.
Honigbienen unterstützen
Wer Honigbienen unterstützen möchte, kann dies tun, indem er BEEfluencer wird. Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten: als Bienen-Stifter:in, Königinnen-Stifter:in und Bienenstock-Stifter:in. Mit 50 Euro kann man symbolisch eine fleißige Arbeitsbiene unterstützen, mit 250 Euro eine Bienenkönigin und mit 1.500 Euro wird man Unterstützer:in eines Bienenstocks.
BioBienenApfel
Partner der Uni Graz ist auch das von Frutura initiierte Gesellschaftsprojekt BioBienenApfel. Dieses wird von vielen Prominenten wie Opernsängerin Elīna Garanča, Formel‑1-Weltmeister Sebastian Vettel, Tennis-Profi Dominic Thiem, Sängerin und Ski-alpin-Weltmeisterin Lizz Görgl, Volks-Rock’n’Roller Andreas Gabalier, Content Creator Lisa-Marie Schiffner und Fußballtrainer Franco Foda unterstützt. BioBienenApfel steht für den Schutz der Ökosysteme, der biologischen Vielfalt und der regionalen Nahrungssicherheit.
Weitere Artikel zu diesem Thema
Abo