
Nena: „Ich bin keine Zahl ich lebe!“
Ein Interview mit Nena zu bekommen, gleicht einer Sensation.
© Sarah Rechbauer
Umso mehr berührt uns, wie offen, klar und lebendig Nena spricht – über Musik, Freiheit, Familie und den Glauben ans Leben. Ein Gespräch, das lange nachklingt.
Nena sagt gleich zu Beginn: „Ich mach das mit Interviews nicht oft. Aber dieses Mal fühl ich’s“, und lacht dabei unbeschwert. Nena, die Ikone der 80er, Mutter von fünf Kindern, Großmutter von sieben Enkeln, Sängerin mit fast fünf Jahrzehnten Bühnenerfahrung, telefoniert mit mir – ohne vorher abgesprochene Fragen, dafür mit offenem Herzen und spürbarem Vertrauen. Was folgt, ist kein klassisches Interview, sondern ein ehrlicher Austausch mit einer Frau, die viel gesehen, noch mehr gefühlt und nie aufgehört hat, dem Leben mit Neugier und Klarheit zu begegnen.
Du stehst seit Ende der 70er-Jahre auf der Bühne – was gibt dir heute noch die Kraft, dich immer wieder ins Rampenlicht zu stellen?
Nena: Das ist für mich keine Frage der Kraft, sondern der Freude. Ich habe mich für einen „Beruf“ entschieden, der mich bis heute erfüllt. Solange ich mir und anderen damit guttue, mache ich weiter – ganz ohne Gewohnheiten, die lasse ich nicht aufkommen. Und so ist jedes Konzert, das ich spiele – in diesem Jahr sind es 50 – immer wieder ein neues Erlebnis.

Das Leben ist Veränderung –und darum geht es.
Nena
Erinnerst du dich an dein erstes Konzert?
Ja klar, das war 1977 und ich war 17. Ich hatte gerade mit Rainer meine erste Band, „The Stripes“, gegründet. Er hatte mich damals in einem Club angesprochen, in dem ich öfter tanzen war, und gefragt, ob ich Musik machen will. Ein paar Monate später standen wir dann das erste Mal auf einer Live-Bühne. Es war alles wie im Film (lacht). Ich hatte schon immer eine Affinität zur Musik, habe als Kind Gitarre und Akkordeon gespielt und mit zwölf hab ich zum ersten Mal die Rolling Stones im Radio gehört … Es gab keinen ausgeklügelten Karriereplan – es war einfach mein Weg, der sich ganz natürlich entfaltet hat.
Du hast oft von „innerer Stimme“ gesprochen – folgst du ihr noch immer so klar wie früher?
Ich verlass mich auf meine innere Stimme. Wenn sich etwas stimmig anfühlt, bin ich auf dem richtigen Weg. Ich weiß, wenn ich eine klare Vision habe und diese ohne Zweifel abschicke, manifestiert sich vieles und meistens, wenn man gar nicht damit rechnet. Das Leben bietet ständig neue Möglichkeiten, man muss nur bereit sein, sie zu sehen.


Was hilft dir, mit schwierigen Momenten umzugehen?
Ich bin in tiefer Verbindung mit meinem Schöpfer und daher kommt mein vollkommenes Vertrauen ins Leben und ich habe nie das Gefühl, dass ich mit allem alleine bin. In schwierigen Momenten wäre mein erster Schritt, mich dafür zu öffnen, dass es gerade schwierig ist. Angst, Sorge, Trauer oder was auch immer sich gerade zeigt, nicht vermeiden. Auch wenn es schwerfällt – voll reingehen und erst mal zulassen. Man kann sich natürlich auch für den Widerstand entscheiden, dann verschließt sich nur unmittelbar das Herz und das Drama beginnt. Und Drama tut mir auf jeden Fall nicht gut (lacht).
Du bist nicht nur Musikerin, sondern auch Mutter und Großmutter. Wie hat dich das verändert?
Das Leben ist Veränderung – und darum geht es. Ich war lange Mutter von kleinen Kindern, heute bin ich Mutter erwachsener Kinder und Großmutter von sieben wundervollen Enkelkindern. Das sind völlig unterschiedliche Lebensphasen, in die man so reinrauscht. Die Übergänge habe ich kaum bemerkt, weil sie sanft und herrlich aufregend waren. Ich erinnere mich gut an den Anruf meiner Tochter, als sie mir zum ersten Mal glücklich ins Ohr schrie: „Mami, ich bin schwanger.“ Zwei Tage später rief ihr Zwillingsbruder an, ähnlich aufgeregt und mit der gleichen schönen Nachricht (lacht). Und so passiert es halt, es geht einfach immer weiter, weil Veränderung ein natürlicher Teil unseres Lebens ist. Und auch wenn Veränderung Dinge ins Leben trägt, die schmerzhaft sind – es lohnt sich immer, eine neue Herausforderung anzunehmen und im Vertrauen zu bleiben. So kann sich das Leben voll entfalten und wir können entscheiden, wie wir damit umgehen.
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ON TOUR WITH NENA
Der energiegeladene Konzert-Film zu NENAs laufender „Wir gehören zusammen“-Tour wird in Kürze als BluRay, DVD und Doppel-Audio-CD veröffentlicht und ist exklusiv Teil des Releases eines 240-Seiten-starken Bildbands mit bisher ungesehenen Einblicken in NENAs Tourleben: „Wir gehören zusammen – On Tour with Nena“. In Kürze hier zu bestellen: www.nena.de
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Fällt dir das Älterwerden heute leichter als früher?
Es gibt kaum jemanden, der das sogenannte Älterwerden infrage stellt. Alles ist festgelegt. Als mein erstes Enkelmädchen mich zu ihrer glücklichen Großmutter machte, sind mir Leute immer mit demselben Satz begegnet: „Du siehst gar nicht wie eine Oma aus“ (lacht). Okay, dachte ich, es scheint komplett festgelegt zu sein, wie eine Oma auszusehen hat. Ab einem gewissen Alter beginnt für die meisten ganz klar der Abstieg. Ich habe Menschen getroffen, die sich schon bei der Zahl 30 alt fühlten und ihren Geburtstag deshalb nicht feiern wollten. Ich bin keine Zahl, ich lebe. So sehe ich das. Zu meinem 65sten neulich dachte ich: Wow, in 15 Jahren bin ich 80. Im ersten Moment war das irgendwie bedrohlich und ich war kurz erschrocken, ich musste gleichzeitig aber auch lachen, weil es sich so unwirklich anfühlte. Es macht einfach überhaupt keinen Sinn, in Zeitabschnitten zu denken. Schöner ist es im Hier und Jetzt.
Wie hältst du dich körperlich und geistig in Balance?
Ich trenne körperlich und geistig nicht voneinander, weil es immer ein Zusammenspiel ist. Eine gute Mahlzeit gibt mir geistige Klarheit und körperliche Kraft. Ich experimentiere gerne mit Ernährung und bin keinem festen Konzept verpflichtet. Ich kann nur selber herausfinden, was mir guttut. Grünes Gemüse, Äpfel, Beeren, ich trinke gutes Wasser und Rotwein, liebe Rohmilchbutter auf Sauerteigbrot und manchmal ess ich auch gerne Fisch. Ich esse nicht zu viel, achte auf mein Gefühl. Und ich übe mich darin, Bewusstsein in alles zu bringen, was ich tue – nicht dogmatisch, aber immer offen für Neues.


Du sprichst von einem Wandel, in dem wir gerade leben – wie siehst du die Welt derzeit?
Aus meinem Blickwinkel befinden wir Menschen uns in einem großen Transformationsprozess. Und je chaotischer es da draußen wird, desto sichtbarer wird auch, dass viele Menschen beginnen, sich viele neue Gedanken zu machen. Darin sehe ich eine echte Chance, dass sich die Welt wirklich tiefgreifend verändert. Ich sehe das wie einen Vollwaschgang, in dem wir uns alle befinden – und jeder stellt sich seine eigene Temperatur ein.
Du kommst im Sommer und Spätsommer für einige Konzerte nach Österreich – was verbindest du mit diesem Land?
Oooh, da gibt es ganz viel! Wenn ich in Österreich Konzerte spiele, planen wir drum herum immer schöne Wanderungen in den Bergen und jedes Mal danach habe ich das Gefühl, innerlich zu leuchten, so herrlich ist die Natur. Seit meiner frühen Kindheit komme ich zum Skifahren nach Österreich. Ich habe zwei Cousinen und einen Cousin, die in Wien leben. Meine Schwiegertochter lebt in Wien zusammen mit meinem Sohn. Auch die Schwiegereltern sind in Wien verwurzelt – so hat sich ein neuer Zweig der Familie in Österreich gebildet. Ich liebe Österreich, weil es sich für mich immer wie zu Hause anfühlt.
Und zum Schluss: Was bedeutet für dich Glück?
„Sei glücklich“, diesen Rat hat mir einmal ein sehr guter Freund mit auf den Weg gegeben, bevor er sich für immer verabschiedet hat. Das hat sich eingeprägt. Seitdem suche ich nicht mehr nach dem Glücklichsein, ich tue es einfach. Morgens aufzuwachen, das Leben zu spüren und mich dafür zu bedanken. In meinen Garten zu schauen, der wie ein Dschungel wuchert und wächst. Menschen mit einem Lächeln zu begegnen und es kommt ein Lächeln zurück – solche „kleinen“ Dinge machen mich glücklich.
Nena – „Wir Gehören Zusammen“-Tour 2025 Termine in Österreich
26. Juli, Horitschon (Bgld.) – Eichenwald Weine
14. August, Henndorf am Wallersee (Sbg.) – Gut Aiderbichl
15. August, Wien – Galopprehnbahn Freudenau
16. August, Graz (Stmk.) – Karmeliterplatz
19. September, Kufstein (T) – Festung Kufstein
20. September, Grafenegg (NÖ) – Wolkenturm
21. September, Grafenegg (NÖ) – Wolkenturm
Alle Live-Termine: www.nena.de
Tickets: www.oeticket.com
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