STEIRERIN AWARD Gewinnerin über Sklerodermie: Eine Krankheit wie ein Panzer
Der STEIRERIN AWARD in der Kategorie „Die Visionärin“ ging im Mai an die Sklerodermieexpertin und Rheumatologin Florentine Moazedi-Fürst.
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Der STEIRERIN AWARD in der Kategorie „Die Visionärin“ ging im Mai an die Sklerodermieexpertin und Rheumatologin Florentine Moazedi-Fürst. Im Interview gibt sie Einblicke in ihren spannenden Forschungsbereich.
Was versteht man unter Sklerodermie?
Florentine Moazedi-Fürst: Rheuma umfasst über 400 Erkrankungen, die auf das Immunsystem zurückzuführen sind. Sklerodermie ist eine solche seltene Autoimmunerkrankung, die nicht nur, aber meist Frauen im mittleren Lebensalter betrifft. Die Haut und auch innere Organe, im Speziellen die Lunge, verhärten sich. Die Betroffenen haben das Gefühl, in einem Panzer zu stecken. Vor wenigen Jahren starb noch jede:r zweite Sklerodermiepatient:in innerhalb von fünf Jahren an den Komplikationen der Erkrankung.
Wie kamen Sie zur Sklerodermie?
Nach einigen Erfahrungen in anderen Bereichen bekam ich die Aufgabe, mich um Sklerodermiepatient:innen zu kümmern. Meine erste schwer erkrankte Patientin hat mich sehr geprägt. Sie war damals Mitte 40 und hatte Familie mit jüngeren Kindern. Alle bekannten Therapiemöglichkeiten waren ausgeschöpft. Durch Recherche entstand die Idee einer weiteren Therapiemöglichkeit. Ich war damals noch in Ausbildung und dank meinem Oberarzt, Herrn Hermann, und Herrn Yazdani-Biuki konnte die Therapie umgesetzt werden. Meine Patientin lebt und kann sich auch um ihre Familie kümmern. Mittlerweile betreuen wir in der Sklerodermieambulanz 480 Betroffene.
Wie funktioniert das von Ihnen entwickelte Therapieschema?
Die Therapie basiert darauf, dass wir das Immunsystem „beruhigen“. Es gibt Immunzellen, die zu aktiv sind und dadurch andere Zellen stimulieren. Dadurch kommt es zu einer „immunologischen Entzündung“, die zu einer Vernarbung führt. Das betrifft die Haut und die inneren Organe. Durch die Therapie werden diese Abläufe verändert. Das Grazer Protokoll umfasst neben der medikamentösen Therapie auch weitere Ansätze wie Ergotherapie, Physiotherapie und psychologische Betreuung. Dank meinem Vorgesetzten, Herrn Thiel, wird sowohl die Patient:innenbetreuung als auch die Sklerodermieforschung in Zukunft gestärkt.
Welche Aufgaben hat der von Ihnen gegründete Arbeitskreis „Rheuma und Lunge“?
Die systemische Sklerose, aber auch andere rheumatische Erkrankungen, betreffen u. a. die Lunge. Daher hat sich der interdisziplinäre Austausch sehr bewährt. Die Österreichische Gesellschaft für Rheumatologie und Rehabilitation (ÖGR) hat es mir ermöglicht, einen Arbeitskreis für Rheuma und Lunge auf nationaler Ebene zu gründen.
Sie haben den Grazer Sklerodermietag am 29. Juni ins Leben gerufen: Was kann man sich darunter vorstellen?
Es ist wichtig, Sklerodermie früh zu erkennen. Der Sklerodermietag ermöglicht es, Kolleg:innen fortzubilden und Patient:innen zu informieren. Eine solche Veranstaltung ist aber nicht einfach zu finanzieren. Ariane Schrauf hat dies ermöglicht: Sie ist Betroffene und unter laufender Therapie das Race Around Austria gefahren. Dank ihrer eingefahrenen Spenden, der Unterstützung unserer Chefsekretärin Frau Tybery und der ehrenamtlichen Hilfe vieler anderer wurde dieser Tag möglich gemacht. In Zukunft soll der Sklerodermietag alle zwei Jahre stattfinden, der nächste am 29.6.2024. Es ist eine Möglichkeit, Betroffene, Angehörige, betreuende Gesundheitsberufe und Kolleg:innen ins Boot zu holen. Durch die Vernetzung können wir vieles für unsere Patient:innen verbessern.
STEIRERIN AWARDS: Die Visionärin
Wie war es für Sie, den STEIRERIN AWARD in der Kategorie „Die Visionärin“ zu gewinnen?
Als ich meinen Namen hörte, war es sehr besonders und überraschend. Meine Mitbewerber:innen hatten tolle Projekte und sind starke Frauen. Deshalb habe ich auch nicht mit dem Award gerechnet. Danke an alle, die mich mit ihrer Stimme unterstützt haben, und an die STEIRERIN für den Award und die Möglichkeit, Frauen eine Bühne zu geben. Gerade in Zeiten, in denen Frauen weltweit wieder mehr für ihre Rechte einstehen müssen, ist das unglaublich wichtig. Ich würde mich auch gerne bei meinen Patient:innen, Kolleg:innen, insbesondere der Sklerodermieambulanz-Mitbegründerin Frau Kreuzer, unserer gesamten Administration, unserem Pflegeteam, dem Ergotherapieteam, meiner Freundin Frau Paar und der Pressestelle der KAGES bedanken. Im Besonderen auch bei meinen Kindern, meinem Mann und meiner Mutter, die mich immer unterstützen.
Können Sie etwas von der medialen Aufmerksamkeit durch den Award für Ihre Forschung nutzen?
Die Nominierung war schon großartig, viele Menschen haben dadurch erfahren, was Sklerodermie ist, und haben sich über Spenden und auch die Selbsthilfegruppe (selbsthilfe.sklerodermie@gmail.com) erkundigt. Diese mediale Aufmerksamkeit ist für die Patient:innen und die Forschung wichtig und solche Chancen gibt es nicht oft. Es gibt kaum Möglichkeiten, von Förderstellen Geld für eine seltene Erkrankung zu bekommen. Und Geld brauchen wir für unsere Patient:innen und auch, um mit unserer Forschung weitermachen zu können. Deshalb wurde von der Medizinischen Universität ein Spendenkonto eingerichtet, das der Sklerodermieforschung zugutekommt.
Spenden
Wer spenden möchte, kann das hier tun:
Medizinische Universität Graz,
Unicredit Bank Austria AG,
AT93 1200 0500 9484 0004
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