Das Vermächtnis von Peter Simonischek
Peter Simonischek und sein Lebenswerk
Der Schauspieler Peter Simonischek verstarb im Mai 2023. © Christian Mastalier
Peter Simonischek konnte kurz vor seinem Tod im Mai 2023 gemeinsam mit Saskia Jungnikl-Gossy noch die Arbeit an einem Buch über sein Leben abschließen. Die Journalistin im Interview mit der STEIRERIN über das Buch, das sein Vermächtnis sein soll.
Unter dem Titel „Kommen Sie näher“ erschien am 5. Oktober im Molden Verlag das letzte Werk Peter Simonischeks. Die Veröffentlichung hat der Schauspieler, der 1946 in Graz geboren wurde, leider nicht mehr erlebt. Saskia Jungnikl-Gossy, die man durch ihre Arbeit bei Falter, Standard, Zeit, Datum und als Autorin kennt, gibt im Buch intime Einblicke in das Leben und Denken eines großen Schauspielers. Die vielen persönlichen Fotos und die Gespräche mit Simonischeks Söhnen Kaspar, Max und Benedikt sowie seiner Frau, der Schauspielerin Brigitte Karner, machen den Künstler nahbar.
Lebenslauf von Peter Simonischek
Simonischek ist in der Südoststeiermark (Markt Hartmannsdorf) aufgewachsen und war bis ans Ende seines Lebens eng mit der Steiermark verbunden. Er spielte im Laufe seiner Karriere unzählige Rollen (besonders bekannt sind der „Jedermann“ bei den Salzburger Festspielen und „Toni Erdmann“). Das Burgtheater-Ehrenmitglied erkrankte im Jänner und April 2022 an Corona. Bei einem daraus resultierenden Lungenröntgen wurde überraschend Lungenkrebs diagnostiziert. Knapp ein Jahr später erlag der 76-Jährige seiner Erkrankung. Saskia Jungnikl-Gossy sprach anlässlich der Buchveröffentlichung mit der STEIRERIN über die Entstehung des Werks.
Saskia Jungnikl-Gossy im Interview Über Peter Simonischek
Wie kam es dazu, dass Sie dieses Buchprojekt realisiert haben?
Saskia Jungnikl-Gossy: Peter hatte mein erstes Buch (Anm.: „Papa hat sich erschossen“) gelesen und das und mein Stil haben ihm gut gefallen, also haben wir im Dezember 2022 angefangen zu telefonieren. Die letzten Monate vor seinem Tod haben wir dann in intensivem Kontakt miteinander verbracht. Er wollte unbedingt noch seine Erfahrungen und sein Wissen zu Papier bringen, daran haben wir in vielen Treffen gearbeitet.
Woher kommt der Titel des Buches, „Kommen Sie näher“?
Es war schnell klar, dass es die Geschichte einer Annäherung wird: Der von uns an ihn, aber auch der von ihm an sich selbst, weil er viel aus seinem Leben reflektiert hat.
Die Art und Weise, wie Sie die Gespräche im Buch führen, wirkt sehr intim – wie konnten Sie in doch recht kurzer Zeit so eine gute Verbindung aufbauen?
Ich glaube, wir haben uns einfach recht gut verstanden. Mein erstes Buch dreht sich um den Suizid meines Vaters und ich habe dann erfahren, dass Peters Vater sich auch getötet hat. Da ist man plötzlich in einem Club drinnen, in den man nie reinwollte, aber innerhalb dessen kann man anders miteinander reden. Nach ein paar Monaten habe ich ihm den ersten Teil unseres Buchs geschickt und es hat ihm total gut gefallen. Damit war klar, er vertraut mir. Und wir haben auch einen ähnlichen Humor, wir haben es geschafft, eine Leichtigkeit reinzubringen als Gegensatz dazu, dass die Gespräche oft doch sehr ernst waren.
Der Schauspieler und seine Rollen
Simonischek zitiert im Buch häufig Rollen, die er einmal gespielt hat. Waren Sie überrascht, dass diese Erfahrungen offenbar auch so eine große Rolle in seinem Leben spielten?
Ich fand das total beeindruckend, dass er sich an so viele Texte erinnern kann. Er fing manchmal an, aus Rollen zu zitieren, die er in den 60ern gespielt hat. Es ist sehr spannend, einem so guten Schauspieler so nah zuschauen zu können. Und wenn er über Stücke redet, in den Rollen springt und die ganze Mimik und Gestik von einer Sekunde auf die andere so verändert, dass man ihm das glaubt, ist das total faszinierend. Er ist wirklich vor allem Schauspieler, einer der besten, die es je gegeben hat. Und das ist auch das, worum sich für ihn alles gedreht hat. Egal worüber wir geredet haben, wir sind immer am Ende wieder zum Schauspiel zurückgekommen. Das war, wofür er gebrannt hat. Aber es ist nicht nur ein Buch über seine Erfolge, sondern auch über das dazwischen: das Zweifeln, das Hadern, alles, was uns Menschen ausmacht. Das macht es so wahrhaftig.
Hatten Sie anfangs eine genaue Vorstellung, wie das Buch aussehen soll?
Im Großen und Ganzen habe ich ihn in den Gesprächen springen lassen und mir nicht vorher überlegt, welche Richtung ich einschlagen will. Es gab ein paar große Fragen, die ich beantwortet haben wollte, aber ich finde auch gerade interessant, wie er sich selbst über Episoden seines Lebens reflektiert hat – das sucht man sich ja aus dem Unterbewusstsein aus, worüber man noch reden will. Bei manchen Sachen hat ihm das auch Frieden gegeben, wenn man über manches reden kann, lösen sich Dinge im Nachhinein auch auf.
Der Tod von Peter Simonischek
Wie sind Sie damit umgegangen, als Sie die Nachricht von Simonischeks Tod erhalten haben?
Ich habe ihm das fertige Buch vorgelesen und drei Tage später lag er im Sterben. Ich habe mich noch verabschieden können, wofür ich sehr dankbar bin. Es ist jetzt sehr schwierig für mich, denn ein Buch gemeinsam zu beginnen und es alleine zu beenden … Ich wünschte, es wäre anders. Gleichzeitig finde ich schön, dass alles, was er mitteilen wollte, in dem Buch steckt, dass er es noch gekannt hat und seine letzten Anmerkungen machen konnte. Das gibt mir ein gutes Gefühl.
Simonischek sagt im Buch: „Garantiert war ich zu wenig nett zu mir.“ Was denken Sie, wo er sich am Ende gewünscht hätte, dass er etwas anders gemacht hätte?
Das Schauspielersein war für ihn wie eine Befreiung. Sein Sohn Kaspar hat dazu gesagt, Peter spielt ohne Handbremse. Also ohne viel auf sich selbst zu achten oder Pausen zu machen. Und er hat sicher manchmal Dinge gemacht, die er vielleicht nicht wollte, und sich nach anderen gerichtet – so wie wir das alle hin und wieder machen.
Worum geht’s im Leben? (Anm. d. Redaktion: Diese Frage stellte Jungnikl-Gossy Simonischek im Verlauf des Buchs mehrmals – mit stark divergierenden Antworten.)
Uff … Ja, gute Frage (langes Schweigen). Schwierig. Ich glaube, ich halt’ mich an Peter: Auf sich zu hören und immer wieder zu evaluieren: Was will ich wirklich tun und was tue ich nur, weil andere das von mir erwarten. Das ist mein Leben und nur ich selbst kann entscheiden und wissen, ob es für mich auch ein glückliches ist.
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