Nachgefragt: Kopftücher

Warum müssen wir über Kopftücher sprechen?

2 Min.

© Shutterstock

In „Mehr Kopf als Tuch“ schreiben 14 Musliminnen aus Österreich, Deutschland und der Schweiz – darunter die beiden Steirerinnen Maisa Pargan und Leyla Derman – bereits in dritter Auflage über Themen, die sie beschäftigen: Heimat, Karriere, Spiritualität, Kunst, Sexualität, Alltagsrassis­mus und Integration. Sie gewähren Einblicke in ihre Lebenswelten und geben kritische weibliche Töne der muslimischen Community weiter, die nicht so oft gehört werden. Dabei zeigt sich die Vielfalt der muslimischen Frauen, die oft mit Vorurteilen zu kämpfen haben. Die STEIRERIN sprach mit der Herausgeberin Amani Abuzahra: promovierte Philosophin, Public Speakerin, Autorin und Niederösterreicherin mit palästinensischen Wurzeln.

Warum braucht es ein Buch mit diesem Inhalt?
Wenn es um das Thema muslimische Frauen geht, ist das Problem, dass immer über sie gesprochen wird, aber die Innenperspektive hat keinen Platz. Mithilfe des Buches soll eine andere Perspektive eröffnet werden, die Frauen sollen selbst zu Wort kommen und ihre Geschichten erzählen.

Machen Sie die Vorurteile muslimischen Frauen gegenüber wütend?
Natürlich, aber es ist auch ermüdend. Auch geistig, weil man sich nicht wirklich weiterentwickelt, wenn man ständig mit denselben Vorurteilen konfrontiert wird und sich rechtfertigen muss. Und es macht mich auch traurig. Man hat das Gefühl, man wird weggeschoben, obwohl man hier geboren ist. Und selbst wenn man das Kopftuch nicht trägt, wird man darauf reduziert und gefragt, warum man es nicht trägt.

© Elodie Grethen

Warum tun sich viele schwer, Musliminnen als arbeitenden, studierenden, lebenden Teil der Gesellschaft (Zitat aus dem Buch) wahrzunehmen?
Einerseits sind die Gründe in der Politik zu suchen, die Stimmung gegen Muslim:innen gemacht hat und macht. Und man hält fest, woran man gewohnt ist. Es bedeutet Arbeit an einem selbst, diese Vorurteile aufzubrechen. Auch die Medien tragen eine Mitschuld, da manche eine vereinfachte Berichterstattung praktizieren. Wenn man etwas immer wieder hört, wird es zur gefühlten Wahrheit.

Auch wenn die Verallgemeinerung ein Vorurteil ist – es gibt aber doch unterdrückte, unmündige Musliminnen, die in Gewaltbeziehungen leben?
Natürlich. Aber man muss sichtbar machen, dass es beides gibt. Das Problem ist, dass Klischees nicht unwahr sind, aber unvollständig. Sicher gibt es Gewalt, aber die gibt es in nicht muslimischen Familien auch. Sie wird aber zum bestimmenden Merkmal für alle muslimischen Frauen. Auch für die, die sich dagegen engagieren. Außerdem gibt es nicht die muslimische Frau, so wie es nicht die christliche Frau gibt.

Wie kann man einen Dialog gestalten?
Indem man offen ist, zuzuhören. Man sollte nicht von einem/einer Gesprächspartner:in erwarten, dass er oder sie die eigenen Vorurteile widerlegt. Dialog heißt offen sein, nicht von oben herab. Ein Gespräch bedeutet auch, dass man über sich selbst erzählt, und nicht, dass nur die andere Person Auskunftgeber:in sein soll.

Mehr Kopf als Tuch: Muslimische Frauen am Wort Amani Abuzahra, Tyrolia-Verlag, € 18,–. © Tyrolia Verlag

Abo

Immer TOP informiert: Mit dem Print-Abo der STEIRERIN – ob als Geschenk, oder für dich selbst!