Drag is not a crime!

Als Drag-Queen ist der Grazer Patrick Weber noch mehr er selbst, mutiger und in der Position, queere Botschaften kunstvoll laut zu machen. Denn als Grazia Patricia weiß er: Drag ist kein Feindbild!

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© Marisa Vranjes

In immer mehr US-Bundesstaaten werden Drag-Shows per Gesetz verboten und auch in Wien brauchte es für die Kinderbuchvorlesung von Drag-Queens kürzlich Polizeischutz. Rechtsextreme agieren mit Gewalt, die FPÖ will Drag-Events für Kinder gänzlich verbieten und Drag-Performer:innen stehen im Kampf für Akzeptanz plötzlich wieder ganz am Anfang. Was steckt dahinter? Die STEIRERIN hat mit der Grazer Drag-Queen-Entertainerin Grazia Patricia, die mittlerweile in Wien lebt und als „Kleinkunstprinzessin“ mit Programmen im Musikkabarett unterhält, darüber gesprochen.

Du bist bekannt als „Kleinkunstprinzessin“, Moderatorin und Entertainerin. Wie bist du zur Comedy-Drag-Queen-Kunst gekommen?
Grazia Patricia: Mein Weg zur Entertainerin war ein langer. Am meisten geprägt hat mich aber Elfriede Ott, denn durch sie habe ich den Mut zum Singen gefunden. Mich hat sie bestärkt, Texte zu schreiben und solo auf die Bühne zu gehen.

Was bedeutet die Drag-Kunst für dich persönlich?
Drag ist für mich eine Kunstform, in der ich mittels einer „zweiten Haut“ meine Botschaften und Talente an die Menschen bringen kann. Ich bin in Drag viel mutiger, aber eigentlich noch mehr ich selbst.

Der Grazer Patrick Weber ist als die Drag-Queen-Entertainerin „Grazia Patricia“ bekannt. Aktuell lebt der vielseitige Künstler in Wien und hat dort die Schauspielschule bei Elfriede Ott absolviert. © Doris Himmelbauer

Wie wirst du als Grazia Patricia von anderen wahrgenommen?
Ich glaube, ich werde von anderen genau als das gesehen, was ich bin: ein aufrichtiger, ehrlicher Entertainer in Kleid und hohen Schuhen. Ich möchte die Welt und mich selber zum Lachen bringen. Durch meine Arbeit als Drag-Queen ist auch Patrick viel selbstbewusster geworden. Drag ist sozusagen meine Superkraft. Leider müssen Drag-Queens noch immer um Akzeptanz kämpfen.

Wieso eigentlich? Wo liegen deiner Meinung nach die Stolpersteine?
Die Kunstform Drag hat nichts mit Sexualität zu tun. Und es ist auch kein Fetisch. Drag ist Kunst. Das vergessen viele. Ein echter Stolperstein ist auch die Religion, denn diese wird oftmals als Vorwand für queerfeindliches Verhalten genutzt. Ich selbst kann mir nicht vorstellen, dass irgendein Gott, der mich geschaffen haben soll, mich wieder ändern will, obwohl ich ein anständiger Mensch bin.

Bestimmt musstest du selbst auch schon Anfeindungen erleben?
Ja, mein ganzes Leben lang. Ich war ein femininer Bub. Man spürt schnell, wenn man anders ist, aber man versteht als Kind nicht, warum das so schlimm sein soll. Die Menschen, die in ein heteronormativ geprägtes binäres System passen, können sich nicht vorstellen, wie es ist, wenn man als erste Frage gestellt bekommt, was man für eine Sexualität hat. Mir ist es völlig egal, ob meine Supermarktkassiererin lesbisch ist oder mit ihrem heterosexuellen Mann auf Swingerpartys geht. Solange sie niemandem wehtut, ist es okay!

© Marisa Vranjes

Erst kürzlich ist es zur Demo gegen die Drag-Queen-Lesung von Künstlerin Freya von Kant im Kindergarten in Wien durch Rechtsradikale gekommen. Wie empfindest du diesen Vorfall?
Bravo, Freya von Kant! Eine gute Performance abzuliefern, während draußen Religionsfanatiker und Rechtsradikale ihre Drecksparolen grölen, ist nicht einfach! Diese Menschen behaupten, wir seien Kinderschänder, weil wir als „Clowns“ Kinderbücher vorlesen. Dieser Trend der Hetze gegen Minderheiten kommt aus den USA, wo Rechtspopulisten erfolgreich damit sind. Es tut mir im Herzen weh, weil diese Menschen behaupten, sie schützen ihre Kinder – sie tun es nicht. Eine Drag-Queen liest bei einer Kinderbuchlesung Kindern Kinderbücher vor, nicht mehr und nicht weniger. Kein Kind wird davon transsexuell, schwul oder bisexuell. Wenn das so leicht gehen würde, hätte ich Brad Pitt schon einige Kinderbücher vorgelesen, um ihn umzupolen.

Dabei geht es euch um das Aufzeigen, man selbst zu sein und ein glücklicher Mensch zu werden.
Bei diesen Kinderbüchern, die bei Drag-Queen-Lesungen vorgetragen werden, erfahren Kinder nur schöne Botschaften: Es ist egal, ob du ein Kleid oder eine Hose trägst, es ist egal, ob du lieber Blau oder Rosa magst, und es ist egal, ob du ein Bub oder ein Mädchen bist. Du bist wertvoll!

Und was ist deine persönliche Botschaft als Drag-Queen?
Bleibt gespannt, bleibt tolerant und liebt euren Nächsten!

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