Sex sells: Sexarbeit auf Social Media
Von Instasex und Nudefluencerinnen
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Sex & Sexarbeit sind längst auch auf Social Media angekommen: Auf der Plattform „OnlyFans“ bekommen männliche Follower gegen eine monatliche Gebühr von fünf bis 20 US-Dollar einen Feed voller Bilder gestellt, der für Instagram zu anstößig wäre. Abonnenten können auch Direktnachrichten senden und Bilder oder Videos nach ihrem sexuellen Geschmack erstellen lassen.
Denn was ist schon dabei, wenn Frau ein paar sinnliche Bilder hochlädt und Mann dafür bezahlt? Viele Influencerinnen werden so sogar zu Spitzenverdienerinnen. Was jungen Frauen dabei oft nicht bewusst ist: Das ist auch eine Form von Sexarbeit!
Die Grazerin Katrin Kleindl führt genauso einen OnlyFans-Account und auf Instagram zeigt sie erotische Selfies mit künstlerischem Anspruch – mit PayPal.Me versehen! Was das heute mit Feminismus und weiblicher Selbstbestimmtheit zu tun hat, erzählt sie im STEIRERIN-Talk.
Du zeigst dich auf Social Media bewusst lasziv. Wie ist es zu dieser „erotischen“ Social-Media-Idee gekommen?
Es war eine Mischung aus „sexuelle Identität entdecken“ und Protest gegen konstante Übersexualisierung. Ich finde, jeder Mensch hat ein Recht darauf, sich in seinem Körper wohlzufühlen, und das sollte nicht ständig bewertet werden. Im Prinzip ist es einfach eine Art, mich selbst auszudrücken. Ich interessiere mich auch für Mode, Kunst und Fotografie. Auf Instagram kommt das einfach alles zusammen.
Auf welchen Kanälen bist du aktiv?
Hauptsächlich Instagram und seit rund zwei Jahren habe ich auch einen OnlyFans-Account. Dort gibt es eben oft mehr als das eine Foto, das auf Instagram landet, und es muss nichts zensiert werden. Inhalte pornografischer Natur gibt es aber nicht.
Worauf achtest du bei deinen Fotos genau?
Ich spiele gerne mit Licht und zelebriere meine Weiblichkeit. Generell fang ich immer eine Stimmung oder ein Outfit, in dem ich mich gerade sehr wohl fühle, ein. Manchmal geht es aber auch einfach um nichts. Man darf auch Spaß haben. Unbedingt sogar.
Du zeigst dich gerne offen, wo liegen jedoch deine Grenzen?
Ich zeige mich sehr nackt. Mein Körper verrät aber auch nicht mehr über mich als mein Aussehen. Da finde ich, dass andere viel mehr von sich preisgeben. Ganz klare Grenze für mich ist, wie jemand mit mir kommuniziert. Wenn kein respektvoller Umgang vorhanden ist: „Tschüss, baba“. Beleidigungen und ungefragte Dick-Pics sind inzwischen kein Problem mehr. Was ich allerdings schön finde, ist, dass ich eine Art „Safe Space“ kreieren konnte, in der vor allem auch Männer sich trauen, Fragen zu stellen und über Dinge zu reden. Aber ja, einen Account zu haben, der gewisse Tabus thematisiert, öffnet natürlich immer die Tür für Konfrontation. Ich sehe es als Lernmöglichkeit für alle Seiten.
Du hinterlegst auf Instagram einen Paypal.Me-Link. Warum?
Ich habe ein paar Follower, die meine Füße immer wieder kommentiert haben. Irgendwann war es mir zu blöd und ich meinte, dass, wenn es ihnen offensichtlich so viel Freude bereitet, sie mich auch dafür entschädigen können. Gesagt, getan. Also, wenn mir wer Geld schicken will, der Link ist in der Bio. OnlyFans hat alle möglichen Optionen. Ich habe mich da auch recht lange eingelesen, bevor ich das gemacht hab. Aber ja, da kann man natürlich Geld verdienen. Ein Teil davon geht an die Plattform und den Rest kann man sich nach Belieben ausbezahlen lassen. Hinweis: Das ist zu versteuerndes Einkommen.
Ich zeige mich nackt. Mein Körper verrät aber auch nicht mehr über mich als mein Aussehen.
Katrin Kleindl, Nudefluencerin
Gab es schon einen speziellen Wunsch/Auftrag von Follower:innen, die ein besonderes Foto von dir wollten?
Ich habe bis jetzt fast alle Sonderanfragen abgelehnt. Hauptsächlich, weil es nicht meiner Ästhetik entsprochen hat. Ich möchte auch gewissem Content keinen Preis geben, weil ich das für mein Privatleben nicht cool finde. Ich verurteile niemanden für einen ausgefalleneren Wunsch; die Entscheidung, es zu machen, liegt am Ende bei mir. Prinzipiell ist das aber ein Bereich, wo man gut Geld machen kann, weil viele Abonnenten auch den Gedanken mögen, exklusiven Content zu konsumieren.
Laszive Selfies zeigen, wofür Männer bezahlen. Wie passt das mit Feminismus zusammen?
Ziemlich gut, finde ich. Das ist eine einfache Transaktion. Ich bin eine erwachsene Frau, die selbstbestimmt über ihren Körper entscheiden kann, dementsprechend kann ich damit auch Geld verdienen. Ich finde da nix verwerflich daran. Es bedeutet auch nicht, dass mein kompletter Lebensstil frivol ist, nur weil ich einen OnlyFans-Account habe. Feminismus heißt für mich, die Entscheidung, wie jemand leben möchte, zu akzeptieren.
Auch wenn Frauen damit selbstbestimmt agieren, füttern sie damit weiterhin das Frauenbild des Patriarchats?!
Ich glaube, das Patriarchat hat Frauen lieber leiser und angezogener. Ansonsten finde ich es manchmal schwer zu beurteilen, was genau wir für wen machen, da wir ja schon alle sehr dadurch geprägt sind. Man könnte aber auch sagen, ich verstehe sehr gut, wie ich den „Male Gaze“ füttern kann, und mach mir das manchmal zunutze.
Wie definierst du dein persönliches Frauenbild?
Ich lehne die klassische Rollenzuschreibung ab. Wir sind alle so unterschiedlich und es kommt wirklich nicht auf die Form oder die Größe an. Ich finde es auch wahnsinnig schön, dass diese Grenzen zwischen männlich und weiblich immer mehr verschwimmen. Unterm Strich ist es wichtiger, dass man alles sein kann, was man möchte, und das sollten wir gegenseitig feiern und fördern.
Junge Frauen vergessen dabei oft, dass diese Form des Einkommens auf Social Media moderne Sexarbeit ist. Wo gilt es deiner Meinung nach aufzupassen?
Aufpassen sollte man, wenn es um Bildrechte geht. Wenn man mit Fotograf:innen arbeitet, dann nie ohne Vertrag, in dem festgelegt ist, wer die Fotos im Nachhinein für was verwenden darf. Begebt euch nicht in eine finanzielle Abhängigkeit von einer Person. Tut nichts, was ihr nicht tun wollt. Lasst euch nicht respektlos behandeln. Sollte es in die pornografische Richtung gehen, würde ich mich vorher dementsprechend informieren und absichern.
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…Sex lest ihr in der November-Ausgabe der STEIRERIN
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