Mit Klängen zum Glücklichsein
Psychische und körperliche Probleme mit Musiktherapie bekämpfen
© Marion Karácsonyi
Immer mehr Menschen haben mit psychischen und körperlichen Problemen zu kämpfen. Anja Schäfer ist die erste promovierte Musiktherapeutin in Graz und gewährte der STEIRERIN Einblicke in ihr Fachgebiet.
Was ist Musiktherapie genau?
Darunter versteht man den gezielten Einsatz von Musik im Rahmen der therapeutischen Beziehung zur Wiederherstellung, Erhaltung und Förderung seelischer, körperlicher und geistiger Gesundheit.
Es gibt die rezeptive und die aktive Musiktherapie – wo liegen die Unterschiede?
In der rezeptiven Musiktherapie steht das Hören im Vordergrund. Das kann ein fürsorgliches Live-Fürspiel des/der Therapeut:in mit diversen Instrumenten oder individuell ausgewählte Musik sein. Körper- und Atemübungen zu Beginn helfen dabei, noch tiefer in den therapeutischen Prozess zu gelangen. Bei der aktiven Musiktherapie steht die musiktherapeutische Improvisation im Vordergrund. Es geht um Begegnung, um Resonanz im achtsamen, geschützten Raum. Emotionen, Gedanken, körperliche Empfindungen und Schmerzen dürfen sich äußern und wahrgenommen werden. In der verbalen Reflexion wird das Erlebte besprochen und reflektiert. Musik macht sichtbar, was wir in Worten nicht ausdrücken können.
Bei welcher Art von Beschwerden kann eine Musiktherapie hilfreich sein?
Musiktherapie kann Menschen mit psychischen, somatischen sowie psychosomatischen Erkrankungen helfen. Auch in Krisen- und Konfliktsituationen, bei Behinderungen, psychosozialen Beeinträchtigungen sowie Entwicklungsstörungen kann sie hilfreich sein. Musiktherapie kann in jedem Lebensalter angewendet werden, von Frühgeborenen bis hin zum Sterbebett.
Wie sind Sie dazu gekommen, sich mit Musiktherapie zu befassen?
Mein Weg zur Musiktherapie war ein längerer. Tanz und Musik begleiten mich schon seit frühester Kindheit. Nach einigen anderen Berufserfahrungen begann ich eine Musiktherapieausbildung in München, das Masterstudium schloss ich an der Zürcher Hochschule der Künste ab. Es folgten mehr als 20 Berufsjahre in psychiatrischen Kliniken und freier Praxis. Meine internationale Lehr-, Vortrags- und Seminartätigkeit an Universitäten und Bildungseinrichtungen, u. a. an der Kunstuniversität Graz, sind ein weiteres wichtiges und erfüllendes Standbein. Praxisnahe Forschung liegt mir sehr am Herzen. Im Rahmen meiner Dissertation an der Hochschule für Musik und Theater in Hamburg war es mir möglich, die Wirksamkeit von Musiktherapie noch deutlicher belegen zu können.
Was bewirkt Musik im Menschen?
Das ist eine große Frage. Ganz einfach erklärt, wirkt Musik auf den ganzen Menschen. Musik hat einen Einfluss auf zahlreiche physikalische Vorgänge: Sie verändert den Herzschlag, beeinflusst Atemfrequenz und Blutdruck und wirkt sich auf Muskelspannung und Hormonhaushalt aus. So kann Musik beflügeln, glücklich stimmen, beruhigen, entspannen, Erinnerungen wachrufen und sogar Schmerzen lindern.
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