Loslassen: Pusteblume in einer Hand löst sich mit Sonnenuntergang im Hintergrund auf.

Wenn Kinder erwachsen werden: 7 Tipps zum Loslassen

Leeres Nest, neue Chancen

6 Min.

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Wenn Kinder daheim ausziehen, bleiben Eltern manchmal traurig zurück. Wie man diesen Schock vermeidet und welche Chancen die neu gewonnene Freiheit für Eltern bietet.

Irgendwann ist es so weit: Das Kind packt seine Koffer, zieht in die erste eigene Wohnung oder geht sogar ins Ausland – und plötzlich ist das Zuhause ungewohnt still. Der Kühlschrank bleibt voller, der Wäschestapel kleiner, doch das Herz fühlt sich schwerer an. Das sogenannte „Empty-Nest-Syndrom“ beschreibt genau dieses Gefühl der Leere und Trauer, das viele Eltern erleben, wenn ihre erwachsenen Kinder ausziehen. Doch dass diese auf eigenen Beinen stehen, ist ein natürlicher, wichtiger Schritt – und auch ein Erfolg für die Eltern.

Schließlich bedeutet das, dass sie ihrem Kind genug Vertrauen und Selbstständigkeit mitgegeben haben, das Leben alleine zu meistern. Nicht umsonst heißt es: „Kinder, die nichts dürfen, werden zu Erwachsenen, die nichts können.“ Es ist also wichtig, Kinder ab einem gewissen Zeitpunkt die Verantwortung etwa für ihre Wäsche, Schularbeiten und Telefonanrufe zu übertragen. Und auch aufzuhören, das Kind standardmäßig von A nach B zu fahren, wenn es Alternativen gibt – so lernen Teenies nach und nach, selbstständiger zu sein.

Love Language

Natürlich macht man als Elternteil diese Dinge teilweise gern und aus Liebe. Doch im Sinne einer ausgewogenen Beziehung zum erwachsenen Nachwuchs sollte man ihm frühzeitig einige Freiheiten und auch Pflichten zugestehen. Und die Rollen werden sich früher oder später umkehren: Ehe man sich’s versieht, erklären einem die Kinder vielleicht das Smartphone oder installieren den Drucker. Um den Nachwuchs in seiner Entwicklung zu unterstützen, müssen Eltern innerlich bereit für eine beginnende Abnabelung sein – und dazu, mit den eigenen Gefühlen umzugehen. Das heißt auch (eventuell schon im Teenageralter), zu akzeptieren, dass man selbst nicht mehr die erste Anlaufstelle ist, wenn das Kind Probleme hat. Manchmal projizieren Eltern auch ihre eigenen Erlebnisse auf ihre Kinder: Wer als Kind eher vernachlässigt wurde, ist später als Elternteil vielleicht eher überfürsorglich.

Loslassen: Beine von einem kleinen Baby mit Windel auf blauer Decke und Vogelnest daneben.
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Boomerang

Problematisch wird es, wenn Eltern zu sehr klammern. Dann kann es passieren, dass Kinder noch mehr Abstand nehmen. Übermäßige Besuche, ständige Anrufe oder das Aufrechterhalten alter Routinen sind also eher kontra­produktiv. Nicht umsonst gibt es ganze Bücher und Bubbles in den sozialen Medien, die sich damit beschäftigen, dass Kinder ihren Eltern nichts schulden. Das betrifft vor allem auch das Thema Zeit: Woanders lebenden Kindern Druck zu machen, dass sie einen öfter besuchen, grenzt schon an emotionale Erpressung und hat auch viel mit dem Erzeugen von Schuld­gefühlen zu tun. Doch man darf den Kaffee mit den Eltern auch mal absagen, ohne dass gleich die ganze Beziehung infrage gestellt wird.

Neue Sitten

Veränderungen in der Familienstruktur heißen auch Veränderungen in den Gewohnheiten. Wenn es früher zum Beispiel die Aufgabe des Nachwuchses war, den Geschirrspüler einzuräumen, sollte das nicht als selbstverständlich angenommen werden, wenn er nach dem Auszug zu Besuch kommt. Von einem anderen Gast würde man das schließlich auch nicht erwarten. Umgekehrt sollten erwachsene Kinder nicht mehr ungefragt mit dem Zweitschlüssel eintreten und vielleicht auch mal etwas zum Essen mitbringen – so wie man das bei anderen Einladungen eben auch tut.

Freiheit auch ohne Kinder genießen

So schmerzhaft es zunächst scheinen mag: Das leere Nest bringt auch neue Möglichkeiten. Viele Eltern entdecken in dieser Phase lang vergessene Interessen wieder, nehmen sich endlich Zeit für sich selbst, Freund:innen, neue Hobbys, Freiwilligenarbeit oder Reisen. Auch für die Ehe bleibt dann plötzlich wieder mehr Zeit. Es wurde nachgewiesen, dass die Geburt und der Auszug des ersten Kindes neuralgische Punkte in einer Beziehung darstellen. Es ist also ratsam, die Partnerschaft über den Verlauf der Jahre nicht zu vernachlässigen – sonst kann der Wegfall des Familienalltags auch in dieser Hinsicht zu Leere führen. Weitere Annehmlichkeiten der „neuen Freiheit“ können Kleinigkeiten wie ein Wegfallen des morgendlichen Badezimmer- oder wiederkehrenden Hausarbeitsstreits sein. Natürlich stellt die neue Situation immer noch eine Herausforderung dar, man sollte aber auch die positiven Aspekte daran erkennen.

Kinder loslassen: Mädchen schaukelt freudig sehr hoch auf einer langen Schaukel mit Himmel im Hintergrund.
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7 Tipps zum gesunden Abnabeln

  1. Kommunikation
    Spätestens ab dem 18. Geburtstag sollte auf eine Kommu­­nikation auf Augenhöhe geachtet werden. Respekt und Verständnis sind die Basis einer guten Eltern-Kind-Beziehung.
  2. Nicht nur Eltern sein
    Es kann sich ungewohnt anfühlen, aber versuche mit der Zeit, dich wieder auf dich selbst zu konzentrieren. Wenn du aus eigenen Interessen und Aktivitäten schöpfen kannst, bewahrst du dir deine persönliche Identität.
  3. Vertrauen
    Habe Vertrauen in deine Erziehung und dass du deinen Kindern wichtige Werte und Fähigkeiten vermittelt hast, um eigenverantwortlich Entscheidungen zu treffen. Ermutige sie, statt zu zweifeln.
  4. Akzeptanz der Veränderung
    Die Akzeptanz, dass Kinder heranwachsen und sich weiterentwickeln müssen, ist der erste Schritt des Loslassens. Mache dir bewusst, dass der Übergang von der Kindheit zum Erwachsenenalter unausweichlich ist!
  5. Wünsche nicht übertragen
    Reflektiere, was wirklich die Wünsche deiner Kinder sind – und welche deine eigenen. Gestehe dem Nachwuchs zu, eigene Wege zu gehen.
  6. Verant­wortung abgeben
    Wer immer herbeieilt, um Schaden von den Kindern abzuwenden, bringt ihnen auch nicht bei, mit den Konsequenzen ihrer Handlungen zu leben. Ziehe hier klare Grenzen.
  7. Professionelle Hilfe in Betracht ziehen
    Wenn dir das Loslassen besonders schwerfällt oder unlösbare Konflikte entstehen, nehme professionelle Hilfe in Anspruch.

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Mehr über die Autorin dieses Beitrags:

© Marija Kanizaj

Betina Petschauer ist Redakteurin bei der STEIRERIN und hauptsächlich für die Ressorts Genuss, Leben, Freizeit, Menschen und Emotion zuständig. Als Foodie zieht sich die Leidenschaft für Essen und Trinken durch alle Bereiche ihres Lebens. Daneben schlägt ihr Herz für Serien, Filme und Bücher, die sie in der Rubrik „Alltagspause“ auch regelmäßig rezensiert.

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