Eigenheim: Familie mit Hund steht mit Umzugskartons in leerer Wohnung.

Eigenheim: Warum kaufen statt mieten sinnvoll ist

Der großem Talk rund ums Thema Eigenheim.

6 Min.

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Mehr als die Hälfte der steirischen Bevölkerung bevorzugt den Kauf statt Miete – steirische Expert:innen geben Einblicke in Finanzierungstrends, Chancen und sichere Wege ins Eigenheim.

Julia Müller
Vertriebsleitung Finanzierung Österreich, Wüstenrot Gruppe

Portrait von Julia Müller
© Wüstenrot

Frau Müller, Sie sagen, Finanzentscheidungen seien Lebens­entscheidungen. Was meinen Sie damit konkret?
Auf den ersten Blick wirkt eine Finanzierung wie eine Sache von Zahlen, Zinssätzen und Verträgen. In Wirklichkeit geht es aber um viel mehr: um Lebenssituationen, Wendepunkte und persönliche Geschichten. Wer eine Immobilie kauft, tut das selten nur aus reiner Kalkulation, sondern weil er oder sie an einem wichtigen Punkt im Leben steht. Das kann ein Neuanfang nach einer Trennung sein, der Wunsch nach Stabilität für die Familie oder die Entscheidung, endlich Wurzeln zu schlagen. Genau diese Hintergründe müssen in einer guten Beratung Platz haben. Finanzierung bedeutet für mich nicht nur rechnen, sondern auch verstehen.

Warum braucht es aus Ihrer Sicht einen besonderen Fokus auf Frauen bei Wohnraumfinanzierungen?
Viele Frauen kommen mit einer großen Verantwortung zu uns, oft als Alleinerziehende, nach einem beruflichen Umbruch oder mitten im Aufbau einer Selbstständigkeit. Sie sind gut vorbereitet, denken langfristig und sehr verantwortungsbewusst. Gleichzeitig erleben sie aber auch Unsicherheit: „Kann ich mir das wirklich zutrauen? Habe ich an alles gedacht?“ Mein Ziel ist es, diesen Zweifel in Entscheidungsfreude zu verwandeln. Das gelingt nur, wenn wir nicht nur über Zinsen reden, sondern über Lebensrealitäten. Frauen verdienen eine Beratung, die Klarheit gibt und Perspektiven eröffnet, damit aus Zahlen ein Zuhause werden kann.

Was ist Ihnen in der Beratung besonders wichtig und wie unterscheidet sich Ihr Ansatz von einer klassischen Finanzierung?
Wir begleiten unsere Kundinnen und Kunden nicht nur bis zur Kreditunterschrift, sondern bis zur Schlüsselübergabe und weit darüber hinaus. Eine Finanzierung läuft über Jahrzehnte, in denen sich das Leben verändert und mit ihm auch die finanziellen Anforderungen. Deshalb bleiben wir verlässliche Ansprechpartner, wenn es Anpassungen braucht oder neue Pläne entstehen.

Oliver Kröpfl
Vorstandsmitglied Steiermärkische Sparkasse

Eigenheim: Portrait von Oliver Kröpfl
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Wie würden Sie die aktuelle Stimmungslage am Immobilienmarkt beschreiben?
Die Stimmung hat sich in den vergangenen Monaten spürbar aufgehellt. Natürlich sind wir noch nicht wieder auf dem Niveau von vor der Immobilienkrise, aber der Trend ist eindeutig positiv. Sowohl private Käuferinnen und Käufer als auch Bauträger zeigen ein deutlich gestiegenes Interesse. Insgesamt kann man sagen: Die Richtung stimmt, auch wenn wir den Weg mit Augenmaß gehen müssen.

Rechnen Sie damit, dass das Zinsniveau in absehbarer Zeit weiter sinkt?
Prognosen in diesem Bereich sind naturgemäß schwierig. Wir sehen derzeit eine tendenziell stabile Inflationsentwicklung. Vor diesem Hintergrund erwarte ich keine deutlichen Zinssenkungen mehr – vielleicht eine kleine Anpassung. Grundsätzlich gehe ich davon aus, dass sich das Zinsniveau in den kommenden sechs bis zwölf Monaten stabil und konstant entwickeln wird. Gleichzeitig dürfen wir nicht vergessen, dass geopolitische Faktoren wie die Zoll-Diskussion mit den USA oder die anhaltende Krise zwischen Russland und der Ukraine erhebliche Unsicherheiten mit sich bringen. Deshalb gilt: Man sollte stets auf unterschiedliche Szenarien vorbereitet sein.

Mit dem Auslaufen der KIM-Verordnung Ende Juni – welche Effekte sind bereits im Markt erkennbar?
Die Auswirkungen sind deutlich spürbar. Das Interesse an Immobilienfinanzierungen hat merklich zugenommen. Auch die vermehrte Nachfrage nach Beratungsgesprächen zeigt, dass viele Menschen das Thema wieder aktiver verfolgen. Begünstigt wird diese Entwicklung auch durch die zuletzt gesunkenen Zinsen. Die Rahmenbedingungen sind somit etwas attraktiver geworden. Das Auslaufen der KIM-Verordnung bewerte ich insgesamt positiv – es schafft Erleichterungen und bringt dem Markt ein Stück weit Auftrieb. Gleichwohl würde ich mir wünschen, dass auch weitere Maßnahmen folgen, die die regulatorischen Finanzierungsmöglichkeiten noch kundenfreundlicher gestalten.

Martina Haas
Geschäftsführerin GWS

Portrait von Martina Haas
© GWS

Welche Faktoren sind aus Ihrer Sicht entscheidend, um Wohnen langfristig leistbar zu halten?
Leistbares Wohnen braucht vor allem ein ausreichendes Angebot an gefördertem Wohnraum. Entscheidend für gemeinnützige Wohnbauträger sind stabile Rahmenbedingungen – wie verfügbare Grundstücke, attraktive Fördermodelle und klare wohnbaupolitische Strategien, die Bauvorhaben kurzfristig ermöglichen. So können wir Preissteigerungen am Markt dämpfen und gleichzeitig nachhaltige, qualitätsvolle Wohnungen schaffen.

Welche Fördermodelle oder Finanzierungsmöglichkeiten ­haben sich in der Praxis besonders bewährt?
Die steirische Wohnbauförderung mit Zuschüssen für Mietwohnungen und Landesdarlehen mit günstigen Fixzinsen für Eigentumswohnungen ermöglicht leistbaren Wohnraum und langfristige Sicherheit für unsere Bewohnerinnen und Bewohner.

Welche Trends sehen Sie aktuell im Wohnbau, die langfristig prägend sein könnten?
Der Wohnbau entwickelt sich klar in Richtung Nachhaltigkeit, Leistbarkeit und Gemeinschaft. Energieeffiziente Bauweisen für geringe Energiekosten, transparente Betriebskosten und Angebote für verschiedene Lebens­phasen – von Starterwohnungen bis hin zu barrierefreiem Wohnen – sind Trends, die langfristig prägend sein werden.

Wie verändern sich die Ansprüche der Menschen an Wohnraum – und wie reagieren Sie darauf?
Wohnraum soll mehr sein als nur ein Dach über dem Kopf. Die GWS bietet Wohnungen für alle Lebensphasen, die Wohlfühlcharakter und Sicherheit bieten – fast so, als würden die Wände sagen: „Schön, dass du da bist!“
Beispiele dafür gibt es auf www.gws-wohnen.at!

Andreas Glettler
Geschäftsführer Raiffeisen-Immobilien

Portrait von Andreas Glettler
© Christian Jungwirth

Welche Trends sehen Sie am Immobilienmarkt – etwa im Hinblick auf Digitalisierung, Nachhaltigkeit oder alternative Wohnformen?
Die digitalen Hilfestellungen im gesamten Bereich der Immobilienwirtschaft sind kaum noch wegzudenken. Erklärtes Ziel ist, Kosten zu sparen, Effizienz zu steigern und Unterstützung zu geben. KI hilft bei Marktanalysen, Risikobeurteilungen, Szenario-Analysen und vielem mehr. Theoretisch ist auch eine Kauftransaktion bis hin zu Online-Besichtigungen ausschließlich in digitaler Form möglich. Digitalisierung bringt klare Hilfestellungen. Reden wir allerdings von Immobilienwirtschaft, so dürfen wir etwas nicht vergessen: Dahinter stehen Menschen mit Wünschen, Träumen und Plänen. Digitalisierung darf unterstützen. Menschen brauchen aber vielmehr tatsächliche Begleitung, ehrliche Beratung und Hilfestellung.

Man spricht von einer „leichten Entspannung bei der Leistbarkeit von Immobilien“.
Einige Parameter weisen darauf hin, dass sich der Immobilienmarkt langsam wieder erholen sollte. Als wesentlichster Faktor ist der schrittweise gesunkene Kreditzinssatz zu sehen. Weiters haben sich Immobilienpreise nach den Boomjahren wieder an ein „normales“ Preisniveau angepasst. Wesentlich beeinflusst wird die weitere Preis­entwicklung von der erwarteten Nachfrage. Im Wohnungsneubau sehen wir wesentlich weniger Fertigstellungen, was die Nachfrage nach gebrauchten Immobilien und Mietobjekten erhöht. Prognosen gehen davon aus, dass ab dem Jahr 2026 Immobilienpreise wieder um rund 3 % ansteigen könnten. Nicht zuletzt sind gestiegene Einkommen mitverantwortlich, dass wieder ein Stück an Leistbarkeit gewonnen wurde.

Die Eigentumsquote in Österreich liegt mit 54,3 % deutlich unter dem EU-Schnitt von 69,2 %. Warum macht die Schaffung von ­Eigentum Sinn?
Eigentum schützt vor Abhängigkeiten, Eigentum schützt vor Mietpreisentwicklungen UND ganz wesentlich: Eigentum schützt vor Altersarmut! Ja, die Eigentumsquote ist in Österreich eine historisch niedrige. Gründe dafür sind leicht erkennbar: Überbordende Baubestimmungen und unverständlich lange Bauverfahren tragen künstlich zu überteuerten Errichtungskosten bei. Auch hier ist unsere Politik mit zielführendem Hausverstand gefordert!

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