Portrait von Anna Robosch vor einer Graffiti-Wand.

Anna Robosch im Interview: Solidarität, Gleichstellung und Feminismus

Du kannst nur hassen, was du nicht kennst.

5 Min.

© David Pichler

SPÖ-Gemeinderätin Anna Robosch steht für Solidarität, Gleichstellung und Feminismus und lässt sich nicht den Mund verbieten. Ganz im Gegenteil sogar, sie möchte gesellschaftlichen Minderheiten ihre Stimme geben.

Schon als Jugendliche konnte sich die Grazerin Anna Robosch nicht so einfach mit Ungerechtigkeit abfinden. Sie war in der Schule politisch proaktiv, nahm ihren Platz in der Schüler:innenvertretung sehr ernst und lernte später in der Sozialistischen Jugend einiges über politische Bildung, über Organisation und politische Kommunikation. Mit nur 22 Jahren konnte sie schließlich für die Grazer SPÖ in den Gemeinderat einziehen, wo sie sich seitdem für vielfältige Themen einsetzt: Neben Verkehrs- und Wohn­politik beschäftigen sie insbesondere Gleichstellungsthemen.

Heute noch gilt Anna Robosch, die sich bewusst als queere Politikerin outete, mit ihren 26 Jahren als eine der jüngsten im Grazer Gemeinderat. Doch mangelt es ihr keineswegs an einer klaren Haltung, wie sie im Interview mit der STEIRERIN aufzeigt:

Sie sind eine der jüngsten Gemeinderätinnen in Graz. Als junge Frau in der Politik muss man auch mit Anfeindungen rechnen, wie fühlt sich das für Sie an?
Anna Robosch: Mit Anfeindungen und Kritik kann ich gut umgehen, besonders ärgert mich jedoch immer, wenn Männer glauben, dass sie Argumente nicht ernst nehmen müssen, nur weil sie von einer jungen Frau kommen. Ich kann mich auch noch an einige Aussagen von Männern im Grazer Gemeinderat zu meinem damaligen Klubobmann Michael Ehmann erinnern, dass er mich unter Kontrolle haben müsse und er dafür verantwortlich sei, wenn meine Wortmeldungen nicht kompetent genug seien. Dahinter steckt natürlich eine gezielte Strategie von Männern, um Frauen zu entmutigen, indem man ihnen das Gefühl gibt, nicht erfahren oder vorbereitet genug für die Politik zu sein.

Sie setzen sich neben vielen anderen Themen besonders für queer-feministische Themen ein. Welche Tabus oder Probleme stören Sie ganz besonders?
Aus feministischer Sicht ist für mich das Thema Halbe-Halbe am wichtigsten. Dass Frauen immer noch die große Mehrheit der unbezahlten Arbeit in Haushalt, Kinderbetreuung, Pflege und der mentalen Last übernehmen, dadurch weniger Chancen am Arbeitsmarkt haben, weniger Einkommen und ein viel höheres Risiko haben, im Alter in Armut zu leben, ist eine Ungerechtigkeit, die völlig inakzeptabel ist. In Sachen Queer-Politik ist es ein Armutszeugnis für ein Land wie Österreich, dass es bei uns immer noch legal ist, ein gleichgeschlechtliches Paar aus einem Taxi oder einem Lokal zu werfen oder ihnen die Anmietung einer Wohnung zu verweigern. Damit muss endlich Schluss sein.

Der Pride Month ist eine Zeit, um die Vielfalt und Rechte der LGBTIQ+-Community zu feiern. Welche Bedeutung hat dieser Monat für Sie persönlich?
Unter der aktuellen Stadtregierung ist es endlich möglich, öffentlich sichtbare Zeichen für Respekt und Akzeptanz zu setzen. Nein, es ist sogar selbstverständlich. Schwarz-Blau hat das ja immer blockiert. Regenbogenfahnen, Zebrastreifen und die CSD-Parade unterstreichen das, was wir als Stadt den Bürger:innen vermitteln wollen: Deine Stadt liebt dich, egal wen du liebst. In Zukunft soll es auch sichtbare Zeichen für Trans-Rechte und die Trans-Community geben.

Sie haben sich selbst als bisexuell geoutet – wie war das für Sie als Gemeinderätin?
Es war mir sehr wichtig, da es auch in politischen Ämtern dringend Repräsentanz von queeren Menschen braucht. Ich bin sehr froh, dass ich es gemacht habe, auch wenn man natürlich den ein oder anderen blöden Kommentar dafür bekommt.

Planen Sie konkrete Maßnahmen, um die Gleichstellung von LGBTIQ+-­Menschen in Graz zu fördern?
Ja, es sollen Regenbogen-Zebrastreifen und auch Trans-Zebrastreifen kommen. Außerdem konnten wir mit Unterstützung vom Bund die Bildungsworkshops an Schulen und in Betrieben ausbauen. Bildung ist für mich der Schlüssel. Du kannst nur hassen, was du nicht kennst oder nicht verstehst.

Wie können junge Menschen in Graz stärker in den Themen Gleichstellung und Menschenrechte mitmischen?
Jugendpolitik spielt dabei eine große Rolle und gerade als Menschenrechtsstadt haben wir hier eine besondere Verpflichtung. Vergangene Stadtregierungen waren viel zu untätig, wir versuchen jetzt, den Titel der Menschenrechtsstadt mit Leben zu erfüllen – mit Veranstaltungen, Bildungsangeboten und indem wir versuchen, alle Grazer:innen in politische Prozesse miteinzubeziehen.

Bunter Fächer für Menschenrechte
© beigestellt

Welche Vision haben Sie für die Zukunft in Bezug auf die Themen Gleichstellung, Integration und Menschenrechte?
Meine Vision ist, dass alle Menschen in Graz, ganz gleich welche Hautfarbe oder Herkunft, welches Geschlecht oder welche Lebens- und Liebesform sie für sich leben, frei von Angst und Gewalt leben und sich entfalten können in dem Wissen, dass die Stadt Graz ihre Rechte schützt und stärkt.

Welche Leitsätze, die Ihren moralischen Vorstellungen entsprechen, stärken Sie dabei?
Alle Rechte, die wir haben, ganz egal in welchem Bereich, sind nicht vom Himmel gefallen, sondern wurden erkämpft, indem wir gemeinsam aufgestanden sind und sie eingefordert haben. So wird es auch mit allen künftigen politischen Fortschritten sein. Solidarität ist die stärkste Macht all jener, die nicht genug Geld oder persönliche Beziehungen haben, um es sich im Leben selbst zu richten.

Das könnte dich auch interessieren:

Die Autorin dieses Beitrags:

Redakteurin Yvonne Hölzl
© Marija Kanizaj 

Yvonne Hölzl, Redakteurin der STEIRERIN, ist verantwortlich für die Rubrik Style und Wohnen. Neben ihrer Kreativität beim Schreiben zeigt sie auch handwerkliches Geschick, wenn sie handgemachte Strickwerke zaubert. In ihrer Freizeit ist die Naturliebhaberin mit ihrem Windhund Toto

Abo

Immer TOP informiert: Mit dem Print-Abo der STEIRERIN – ob als Geschenk, oder für dich selbst!

×