Was ist die perfekte Frau?
Was müssen Frauen? Was dürfen sie? Was sollen sie? Und muss das überhaupt so sein?
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Frau darf alles sein, was sie möchte: Mutter, CEO, bossy oder auch nicht. Und was, wenn sie alles auf einmal ist? Auch okay, denn stereotypische Erwartungen dürfen bei denen bleiben, die sie haben. Punkt.
Was ist eine Frau? Mit dieser Frage beschäftigen sich bereits Mädchen. Warum eigentlich? Denn seit Barbie wissen wir, dass wir in Sachen Rollenbilder die freie Wahl haben. Doch in einer stereotypischen Gesellschaft ist das nicht ganz so einfach: Du musst es lieben, Mutter zu sein, aber darfst nicht die ganze Zeit über deine Kinder reden. Du sollst eine Karrierefrau sein, aber auch immer auf andere Menschen aufpassen. Man muss für das schlechte Verhalten von Männern einstehen, was verrückt ist, aber wenn man darauf hinweist, wird man beschuldigt, sich zu beschweren; du sollst für die Männer hübsch bleiben, aber nicht so hübsch, dass du sie zu sehr in Versuchung führst oder andere Frauen bedrohst … (aus dem Kinofilm „Barbie“). Was ist denn heute also die perfekte Frau? Wir haben dazu mit Eva Eli Traxacher von der GenderWerkstätte des Frauenservice Graz gesprochen.
Das Interview zur (un)perfekten Frau
Sie sind Trainingsleiterin in der GenderWerkstätte des Vereins Frauenservice Graz. Welche Frauen-Themen greifen Sie am häufigsten auf?
Eva Eli Taxacher: #metoo, Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben, Frauenquoten, Femizide, Catcalling oder auch das Gender-Sternchen sind nur einige Beispiele. Im Jänner 2025 startet der nächste Durchgang unseres Lehrgangs „Gender – Diversität – Intersektionalität“.
Wie entstehen überhaupt Geschlechtsstereotype?
Erwachsene verhalten sich Kindern gegenüber unterschiedlich, je nachdem ob sie glauben, es mit einem Mädchen oder Jungen zu tun zu haben – und das, ohne dass es den Erwachsenen bewusst ist. Dies wurde in Studien schon wiederholt bewiesen – zuletzt unter anderem im großartigen Film „Feminism WTF“.
Wo sehen Sie darin die größten Probleme?
Problematisch ist, dass sie meist nur Frauen zugeschrieben werden; dass Frauen bestraft werden, wenn sie diesen Erwartungen nicht entsprechen. Wir sollten auch nicht vergessen, wie sehr auch Männer von diesen Geschlechterstereotypen betroffen sind: keine Schwäche zeigen zu dürfen, immer stark sein zu müssen. Das hat immense Auswirkungen auf die Gesundheit und die sozialen Beziehungen von Männern. Was Geschlechterstereotype für queere Personen, Intersex- und Trans-Personen bedeutet, ist noch einmal eine ganz eigene Frage. Wir stecken hier gemeinsam drinnen.
Ist dabei womöglich Misogynie nach wie vor ein Grund?
Wenn wir uns die Vorfälle und Anzahl an Femiziden in Österreich und Gewalttaten in der Steiermark, österreichweit und international ansehen und was sich vor allem junge Frauen auf der Straße in Form von Catcalling anhören müssen, dann gilt es leider zu sagen, dass Frauenfeindlichkeit nach wie vor ein Riesenthema ist.
Die perfekte Frau: Klassische Rollenbilder
Und doch wollen Frauen Männern gefallen.
Anerkennung und gemocht werden wollen ist menschlich. Aber Frauen wird stärker als Männern von früh auf beigebracht, sich um andere zu kümmern. Es gibt nach wie vor die gesellschaftliche Erwartung, dass Frauen Kinder oder pflegebedürftige Angehörige versorgen, während diese Erwartung an Männer nicht gestellt wird, sondern diese eher dafür gelobt werden, wenn sie es tun.
Welche Glaubenssätze sollte frau sich heute besser einprägen?
Jede Frau sollte sich überlegen: Was würde ich einer lieben Freundin wünschen? Das wünsche ich mir selbst auch.
Aber wie sieht das klassische Frauenbild denn heute aus?
Das klassische Frauenbild gibt es nicht mehr. Das ist eine gute Nachricht. Der Spielraum für Frauen ist definitiv größer geworden, allein in den letzten zwei, drei Generationen. Die schlechte Nachricht ist, dass Frauen nunmehr vermittelt wird, sie müssten alles unter einen Hut bringen: eine glückliche Beziehung, Kinder und eine erfolgreiche Karriere.
Das neue Bild der perfekten Frau
Und wie lässt sich dieses Frauenbild wieder aufbrechen?
Ich denke, als gesamte Gesellschaft müsste die Frage nach einer gerechten Verteilung mehr diskutiert werden. Und damit meine ich mehrere Ebenen: Frauen machen zwei Drittel der unbezahlten Arbeit, laut Statistik Austria sind 18 Prozent der Frauen in Österreich ab 65 Jahren armutsgefährdet.
Was kann ich denn als Frau tun, wenn ich merke, dass ich in einer Situation bin, in der ich dem männlichen Geschlecht gefallen möchte?
Ich denke, das Wichtigste ist da bereits geschafft: es überhaupt zu bemerken. Wer weiß, vielleicht kann ich für eine jüngere Kollegin eine Mentorin sein. Es gibt immer noch das Vorurteil, dass Frauen untereinander zickig wären. Ich denke, das ist eine weitere Facette des „Pick me“-Phänomens. Frauen sind nicht die besseren Menschen, aber die schlechteren sind sie auch nicht.
Die (un)perfekte Frau – wie sieht sie aus?
Jede Person sollte das Recht auf Selbstdefinition haben, was den eigenen Körper und die Geschlechterverortung angeht. Und alle sollten dieses Recht auch für andere verteidigen.
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